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Ontogenie inhibitorischer Neurone im auditorischen Hirnstamm
Antragsteller
Professor Dr. Hans-Gerd Nothwang
Fachliche Zuordnung
Entwicklungsneurobiologie
Evolutionäre Zell- und Entwicklungsbiologie der Tiere
Evolutionäre Zell- und Entwicklungsbiologie der Tiere
Förderung
Förderung von 2017 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 386615510
Die Spezifikation von Zellschicksalen im sich entwickelnden Gewebe ist eine elementare Aufgabe multizellulärer Organismen. Der auditorische Hirnstamm von Säugetieren enthält viele verschiedene Zellpopulationen, die zum cochleären Nucleuskomplex (CNC), zum oberen Olivenkomplex (SOC), und zum lateralen Lemniscus (LL) zusammengefasst werden. Eine große Anzahl sind dabei inhibitorische Neurone. Diese sind wichtig bei der Spektralanalyse und der Auswertung zeitlicher Muster auditiver Signale sowie bei der Schalllokalisation und Trennung auditiver Ströme. Genetische Analysen ergaben, dass die inhibitorischen Neurone im CNC von Ptf1a+ Vorläuferzellen und viele inhibitorische Neurone im SOC von En1+ Vorläuferzellen abstammen. Jedoch sind die molekularen Partner dieser Transkriptionsfaktoren sowie die nachgeschalteten genetischen Programme unbekannt. Zudem gibt es inhibitorische Neurone im auditorischen Hirnstamm mit unbekannter Ontogenie. Zur Schließung dieser Wissenslücken soll in diesem Projekt der Beitrag der Lbx1+ bzw. Lhx1+ Keimzonen zum auditorischen Hirnstamm geklärt werden. Beide Transkriptionsfaktoren sind in anderen Hirnbereichen unter anderem in Ptf1a+ Vorläuferzellen exprimiert. Vorläufige Daten zeigen, dass viele oder gar alle inhibitorischen Neurone im CNC und einige Zellen im SOC Lbx1+ sind. Konkret werden wir zuerst den genauen Beitrag der Lbx1+ Vorläuferzellen zum auditorischen Hirnstamm klären. Zweitens wird die Lbx1 Funktion für die Entwicklung dieser Neurone geklärt. Hierfür wird der auditorische Hirnstamm von Lbx1-/- Mäusen auf Respezifikation, Zelltod und anormale Projektonsmuster untersucht. Zudem wird das genetische Programm in Lbx1+ Zellen charakterisiert, indem das Expressionsmuster von Transkriptionsfaktoren, die in anderen neuronalen Populationen Lbx1 nachgeschaltet sind, zwischen Wildtyp und Lbx1-/- Mäusen verglichen wird. Drittens wird der Beitrag von Lhx1+ Vorläuferzellen zum auditorischen Hirnstamm identifiziert. Parallel dazu werden die erhaltenen Daten benutzt, um Einblick in die Evolution der Hörbahn zu gewinnen. Dies ist eine weitere fundamentale Frage im auditorischen System. Aktuell wird angenommen, dass der auditorische Hirnstamm von Säugern eine evolutionäre Neuigkeit darstellt und dass funktionell äquivalente Kerne bei Vögeln Homoplasien darstellen, die durch konvergente Evolution entstanden sind. Dieser evolutionäre Prozess kann auf der Rekrutierung gleicher oder unterschiedler genetischer Programme beruhen. Letzteres würde auf entwicklungsbiologische Beschränkungen hinweisen. Zur Beantwortung dieser Frage werden die Ptf1a/Lbx1 assoziierten Transkriptionsfaktoren auch im Hühnerembryo analysiert, da dort ebenfalls Neurone des auditorischen Hirnstamms Ptf1a+ sind. Dieser systematische Ansatz generiert einen umfassenden Einblick in die Ontogenie inhibitorischer auditorischer Neurone bei Tetrapoden. Dies wird auch neue Einblicke in die evolutionäre Entwicklungsbiologie des Nervensystems liefern.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen