Das hauptsächliche Ziel des Projektes bestand in einem besseren Verständnis der Wechselwirkung zwischen der Defektstruktur von aliovalent dotierten KNN-Keramiken und den makroskopischen Materialeigenschaften. Dazu wurden Cu- bzw. Fe-dotierte KNN-, NaNbO3 und KNbO3-Pulver synthetisiert, um anschließend daraus Keramiken zu präparieren. Es zeigte sich, dass die Verdichtung und Gefügeentwicklung sehr stark vom (Na/K)/Nb-Verhältnis abhängt, wobei jeweils charakteristische Gefüge ausgebildet werden: Im Falle eines Alkaliüberschusses erfolgt nur eine unzureichende Verdichtung und es bilden sich kuboide Kornmorphologien aus. Stöchiometrische Materialien verdichten innerhalb eines engen Temperaturintervalls und zeichnen sich durch abnormales Kornwachstum aus. Bei Nb-Überschuss wird die Verdichtung zu hohen Temperaturen hin verschoben, wobei die mittlere Korngröße signifikant kleiner ist als bei Alkaliüberschuss und stöchiometrischen Zusammensetzungen. Aufgrund der geringen Dichten sowie der Bildung von Sekundärphase sind alkalireiche und stöchiometrische Zusammensetzungen meist elektrisch zu leitfähig, um piezoelektrische Messungen bei hohen Feldstärken durchführen zu können. Demgegenüber zeigen Cu-dotierte Materialien mit Nb-Überschuss Großsignal-d33*-Werte von bis zu 160 pm/V. Die Löslichkeit der untersuchten Dotierstoffe (Cu und Fe) ist in den KNN-basierten Keramiken nur sehr gering, so dass sich meist zusätzliche Sekundärphasen bilden, die sowohl die Stabilität gegenüber Feuchtigkeit als auch die elektromechanischen Eigenschaften bei höheren Dotiergehalten beeinflussen. Die höchsten piezoelektrischen Eigenschaften werden bei Nb-Überschuss und bei Dotiergehalten von 0.5 mol.% Cu erzielt, was einerseits auf die Defektstruktur und andererseits auf eine Stabilisierung durch die Sekundärphase zurückgeführt werden kann. Unterschiedliche Arten von Defektkomplexen auf atomarer Ebene wurden theoretisch mittels DFT- Rechnungen vorhergesagt und experimentell durch Multifrequenz EPR-Experimente nachgewiesen. Die Messungen zur Charakterisierung der Defektstrukturen wurden an Materialien mit verschiedenen Alkali/Niob-Gehalten vorgenommen. Parallel dazu wurden die DFT-Rechnungen für unterschiedliche Werte der chemischen Potentiale von Alkali-und Niobkationen ausgeführt. Demnach wird zweiwertiges Cu2+ auf dem B-Platz des Perowskit-Gitters eingebaut. Der entsprechende Ladungsausgleich erfolgt durch die Bildung von Sauerstoff-Leerstellen, welche in der ersten Koordinationssphäre des Cu2+-Zentrums verbleiben und zur Bildung von zwei unterschiedlichen Typen von Defektdipol-Komplexen führen, die sich gegenseitig elektrisch kompensieren. Es konnte ein Modell für die Korrelation von Domänenbewegung mit der Defektstruktur vorgeschlagen werden. Defektstruktur-Eigenschaftsbeziehungen, die für BaTiO3 oder PZT bereits etabliert sind, können allerdings nicht direkt auf das KNN-System übertragen werden, da die Defektstruktur hier viel komplexer ist. Den DFT- und atomistischen Rechnungen zufolge legen beide Typen von Cu-Defektkomplexen Vorzugsrichtungen für die ferroelektrische Polarisation fest und können daher KNN ferroelektrisch härter machen. Bei Cu-Gehalten, die die Löslichkeitsgrenze von Kupfer in der Alkali-Niobat-Matrix überschreiten, kommen zum Einfluss der Defektstruktur auf die Eigenschaften weitere, von der Bildung von Sekundärphasen beeinflusste Wirkungsmechanismen hinzu. Weiterhin wurde KNbO3 mit isolierten Cu-Fremdatomen mittels DFT auf eine mögliche morphotrope Phasengrenze hin untersucht, da in der Nähe einer solchen häufig verbesserte Piezokoeffizienten vorliegen. Diese wurde für eine Cu-Dotierung von etwa 2-4 mol-% bei tiefen Temperaturen gefunden.