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Das universale Papsttum und die europäischen Regionen im Hochmittelalter

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2007 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 37292739
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt verfolgte das Ziel, Instrumente, Wege und Mechanismen der Etablierung einer auf das römische Zentrum ausgerichteten Papstkirche im Hochmittelalter genauer zu untersuchen und insbesondere die Interaktion zwischen Rom und den Kirchen in den europäischen Regionen präziser herauszuarbeiten als bisher. Dem Vorhaben lag die Annahme zu Grunde, dass die in der Forschung häufig postulierte gesamteuropäische Vorherrschaft der römischen Bischöfe, die um die Mitte des 11. Jahrhunderts erste Konturen annahm und unter Innozenz III. (1198-1216) verwirklicht erscheint, in Wahrheit ein höchst differenzierter Prozess von Normierung, Zentrierung und Homogenisierung war, der keineswegs vornehmlich vom Zentrum in die Regionen ausstrahlte. Vielmehr ist umgekehrt die Bereitschaft zur Ausrichtung an römischen Normen bzw. die Nachfrage nach römischem Normsetzungen als Fundament anzunehmen; ebenso aber die Verweigerung solcher Anerkennungsleistungen vor dem Hintergrund von Rivalitäten und dem Wunsch nach Autonomie in vielfältigen Bereichen. Bei der Zusammensetzung des Netzwerkes wurde darauf geachtet, dass verschiedene Kompetenzen der Kirchen- und Papstgeschichtsforschung vereint wurden. Kenner der römischen Kurie und der von ihr eingesetzten Mittel der Fernwirkung (Legaten, delegierte Richter, Kirchenrecht) fanden sich mit regionalen Spezialisten (Ostmitteleuropa, iberische Halbinsel, Frankreich, Reich) zusammen. Der Wunsch, die lateinische Kirche des mittelalterlichen Europas repräsentativ abzubilden, bestand von vornherein nicht. Es war abzusehen, dass in der kurzen Laufzeit des Projekts nur exemplarische Sondierungen vorgenommen werden könnten. Die Initiatoren setzten deshalb auf den Vergleich vordergründig sehr unterschiedlicher geographischer Bereiche. In vier Arbeitstreffen sowie im ständigen Austausch über eine eigens eingerichtete Internet-Plattform verständigten sich die Netzwerk-Mitglieder im intensiven Diskurs über ein gemeinsames Raster von Leitfragen, das die grundsätzliche Richtung der Forschung ebenso wie die überregionale Vergleichbarkeit gewährleisten sollte. Zugleich wurden bei den Arbeitstreffen Sachthemen, die vom Netzwerk selbst nicht in hinreichender Tiefe abgedeckt werden konnten (Orden, byzantinische und arabische Quellen, Liturgie) durch Referate ausgewiesener Spezialisten beleuchtet. Die Ergebnisse des Projekts sind in zwei Sammelbänden der Göttinger Akademie sowie zahlreichen Aufsätzen der Mitglieder dokumentiert. Daneben sorgte die Internetplattform und eine Sektion auf dem Dresdener Historikertag 2008 für breite Kenntnisnahme des Vorhabens und seiner Inhalte innerhalb der Fachgemeinschaft. Aufgrund des intensiven Austauschs hat die Formierungsphase des hochmittelalterlichen Papsttums im 11. und 12. Jahrhundert nun an Konturen gewonnen. Die unterschiedlich schnelle und unterschiedlich intensive Ausrichtung an den mit römische Autorität aufgeladene Normen etwa des Kirchenrechts, die Nachfrage nach päpstlichen Repräsentanten, aber auch die Distanz zu römischem Regelungseifer sind nun weit differenzierter erkennbar. Man kann von einem Prozess der Homogenisierung sprechen, dessen Impulse aber nicht allein von Rom ausgingen sondern ein jeweils situatives Gemisch aus Geben und Nehmen, Nachfrage und Zurückweisung in der Interaktion zwischen Rom und den regionalen Kirchen bildete. Das Projekt hat diese wechselseitige Formierung im konstruktiven Sinne beleuchtet. Deutlicher zu klären sind neben regionalen Einzelfällen vor allen Dingen noch die Situationen strikter Romverweigerung, wie sie etwa regionale Sonderkirchen oder häretische Bewegungen darstellen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Römisches Zentrum und kirchliche Peripherie. Das universale Papsttum als Bezugspunkt der Kirchen von den Reformpäpsten bis zu Innozenz III., Berlin/New York 2008 (Neue Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, N. F. 2)
    Jochen Johrendt / Harald Müller (Hrsg.)
  • Italien als Empfängerlandschaft (1046-1198): ein Vergleich aus der Perspektive des Urkundenalltags in Ligurien, Umbrien und Kalabrien, in: Das Papsttum und das vielgestaltige Italien. Hundert Jahre Italia Pontificia, hg. v. Klaus Herbers / Jochen Johrendt, Berlin/New York 2009 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, N. F. 5), S. 183–213
    Jochen Johrendt
  • Überlieferungsformen franko-römischer Kontakte: Zur Position der Papsturkunden in französischen Chartularen, in: Erinnerung – Niederschrift – Nutzung. Das Papsttum und die Schriftlichkeit im westeuropäischen Mittelalter, hg. v. Klaus Herbers / Ingo Fleisch, Berlin/New/York 2011 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, N. F. 11), S. 195–217
    Harald Müller
  • Rom und die Regionen. Studien zur Homogenisierung der lateinischen Kirche im Mittelalter, Berlin/New York 2012 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, N. F. 19)
    Jochen Johrendt / Harald Müller (Hrsg.)
 
 

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