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Rekonstruktion von Küstenverlauf und Lebensraum im Mekong-Delta als Grundlage für die erste Besiedlung und industrielle Salzproduktion (3.000-2.000 J.v.h.)

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2006 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 36719188
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Vor ca. 2.500 Jahren haben Menschen im Mekong‐Delta in Süd‐Vietnam in einer frühen Phase der Besiedelung auch zum ersten Mal damit begonnen, im industriellen Maßstab mit Keramik zu arbeiten. Was genau sie dort mit dieser Keramik gemacht haben, war bislang unklar, obwohl diese frühe und professionell aufgezogene Aktivität einzigartig in ganz Südost‐Asien ist. Mit diesem Projekt wollten wir die folgende beiden Aspekte rekonstruieren: 1) Wozu haben die Siedler die Keramik, die vor allem unzählige tonige Stützen umfasst, genutzt? Die Vermutung zielte aufgrund von Analogvergleichen auf Salzsiederei ab. 2) Warum haben sie sich im Inneren des Deltas angesiedelt? Hierfür konzentrierte sich der Arbeitsansatz auf einer Rekonstruktion der Umweltbedingungen und des Verlaufs der Küstenlinie zur damaligen Zeit. Wir haben zwei Geländeexpeditionen durchgeführt, während derer wir weiträumige Detailuntersuchungen der Untergrundbeschaffenheit vorgenommen und insgesamt 44 Sedimentkerne erbohrt haben. Unsere Laboranalysen an diesem Material und das Zusammenpuzzeln aller Ablagerungsabfolgen haben ein differenziertes Bild erbracht. Hierzu waren wir u.a. mit unseren Sedimentkernen in einer radiologischen Praxis, unter reger Begleitung von norddeutschen Medien (Radio Bremen, NDR Info, Sat1). a) Die frühen Siedler haben an einer Vielzahl von über das Arbeitsgebiet verteilte Siedlungspunkten gelebt. Der archäomagnetische Befund impliziert, dass die Tonstützen kleine Schälchen gehalten haben müssen, um Flüssigkeit einzudampfen. Eine geochemische Analyse, die die elementare Zusammensetzung dieser Stützen mit denen des Bodenmaterials der Umgebung vergleicht, legt nahe, dass die Stützen bei diesem Prozess mit Salzwasser in Kontakt gekommen sind. Damit sollte eine im großen Stile durchgeführte salzsiedende Aktivität belegt sein. b) Ablagerungen aus dem unmittelbaren Zeitinterval der Besiedelung, die wir zu Rekonstruktionszwecken benötigen, sind in dieser Region selten erhalten. Dennoch hat unsere ausgedehnte Kernnahme einen Einblick in die damalige Umweltsituation ermöglicht. Über die Analyse von Pollen, vor allem von salztoleranten Pflanzen (Mangrove), und der sedimentären Fazies können wir zeigen, dass sich ein brackisch dominiertes Ablagerungsmilieu zwischen 2,9 und 1,5 tausend Jahren v. h. in einen durch Süßwassereinfluss geprägten Raum gewandelt hat. Damit hätten die Siedehandwerker in jedem Fall salzig‐brackisches Wasser in der Nähe ihrer Arbeitsstätten zur Verfügung gehabt, ohne gleich bei jedem landwärtigen Sturm unter Wasser zu stehen. c) Die Mosaik‐artige Kombination aller Sedimentkerne und deren Ablagerungsfolgen hat eine detaillierte Einsicht in das frühe Entwicklungsstadium des Mekong‐Deltas ergeben. Bis vor ca. 4,8 tausend Jahren v. h. fand dort keine flächige Ablagerung von Sedimenten statt und sämtliche Ablagerungen sind auf vorgeformte Kanäle und Flussdepressionen beschränkt. Erst mit dem dann folgenden Meeresspiegelabfall von ca. 2 m hat sich eine grundlegende Änderung im Ablagerungsregime vollzogen, was zum Aufbau des modernen Deltas und einer zügigen, seewärtigen Verlagerung des allgemeinen Küstenverlaufs geführt hat. Erst die darauffolgende deutliche Auflandung im neuen äußeren Deltabereich scheint das innere Delta gegen Sturmfluten geschützt und damit die Besiedlungsbedingungen freundlicher gestaltet zu haben.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2008). Salt production in pre‐Funan Vietnam: archaeomagnetic reo‐ rientation of briquetage fragments. Journal of Archaeological Science, 36: 84‐89
    Proske U, Heslop D, Hanebuth TJJ
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jas.2008.07.012)
  • (2010). The north‐eastern Mekong River Delta since the mid‐Holocene: Palaeoecological history and implications for prehistoric set‐ tlements. The Holocene, 20 (8): 1257‐1268
    Proske U, Hanebuth TJJ, Behling H, Nguyen VL, Ta TKO, Diem BP
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1177/0959683610374884)
  • (2011). Late Holocene sedimentary and environ‐mental development of the northern Mekong River Delta, Vietnam. In: Sea level and paleo‐environment in SE Asia (Ed: Schweizer, Saito et al.). Quaternary International, 230 (1‐2): 57‐66
    Proske U, Hanebuth TJJ, Gröger J, Diem BP
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.quaint.2009.11.032)
 
 

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