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Von akut zu chronisch, auf der Suche nach neurophysiologischen Markern, die für die Chronifizierung von Tinnitus verantwortlich sind
Antragstellerin
Dr. Nadia Müller-Voggel
Fachliche Zuordnung
Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung
Förderung seit 2017
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 334628700
Als Tinnitus wird eine akustische Phantomwahrnehmung bezeichnet, die schwerwiegende Probleme im täglichen Leben von Millionen von Menschen weltweit verursacht. Bis heute ist Tinnitus unzureichend verstanden und keine zufriedenstellende Therapie verfügbar. Es erscheint daher essentiell ungeklärte Fragen in der Tinnitusforschung systematisch zu untersuchen. Nach heutigem Stand der Forschung geht man davon aus, dass Tinnitus durch periphären Hörverlust, der neuroplastische Veränderungen entlang des aufsteigenden auditorischen Systems verursacht, initiiert wird. Dies führt zu einer Enthemmung im auditorischen System, inbesondere im auditorischen Kortex. Untermauert werden diese Beobachtungen durch Arbeiten, die zeigen konnten, dass oszillatorische Alpha Aktivität im auditorischen Kortex von Tinnituspatienten verändert ist und dass eine Normalisierung dieser Aktivität Tinnitus lindert. Neben den Auffälligkeiten im auditorischen System scheinen auch mehrere nicht auditorische Netzwerke die mit Aufmerksamkeits-, Emotions- oder Gedächtnisfunktionen in Verbindung gebracht werden, mit Tinnitus in Zusammenhang zu stehen. Die bisherigen Erkenntnisse zu Tinnitus können jedoch einige entscheidende Fragen nicht beantworten: Warum wird Tinnitus in manchen Menschen chronisch und bei anderen verschwindet er ohne Intervention? Können wir neuronale Marker identifizieren, die vorhersagen, ob ein Individuum nach Hörverlust Tinnitus entwickeln wird? Können wir neuronale Merkmale, die für eine spätere Chronifizierung des Tinnitus verantwortlich sind bereits in einer akuten Phase ermitteln? Ist es möglich Faktoren zu identifizieren, die präventiv gegen eine Chronifizierung von Tinnitus wirken? Diese Fragen wurden bisher so gut wie nicht erforscht, weil Tinnitus fast ausschließlich bei Patienten mit langjährigem Tinnitus untersucht wurde. Mit dem vorliegenden Antrag würde ich gerne genau diese Fragen klären, indem die Rolle von auditorischen und nicht auditorischen Markern und deren Interaktion im Verlauf der Entwicklung und Chronifizierung von Tinnitus systematisch untersucht werden. Dazu soll Hirnaktivität mittels Magnetoenzephalographie im Tinnitusverlauf, von der Entstehung bis zur Chronifizierung, in verschiedenen Settings erhoben und analysiert werden. Dieser Ansatz wird bedeutende Hinweise auf neurophysiologische Prozesse liefern, die für eine Chronifizierung von Tinnitus verantwortlich sind. In diesem Zusammenhang wird es auch gezielt um die Identifikation von Risikofaktoren für die Entwicklung eines Tinnitus und Mechanismen, die einer Chronifizierung von Tinnitus entgegenwirken gehen. Basierend darauf wird es möglich sein systematisch neue Therapieansätze zu entwickeln.
DFG-Verfahren
Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
Kooperationspartner
Professor Dr. Hajo Hamer; Privatdozent Dr. Stefan Rampp; Professor Dr. Holger Schulze