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Die Bedingungen der Feldimagination: Realismus und William Dean Howells

Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung Förderung von 2017 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 330432137
 
Mein Forschungsvorhaben unterzieht den literarischen Realismus in den USA des 19. Jahrhunderts über dessen prominentesten institutionellen Repräsentanten, William Dean Howells, einer Revision. Der erste Teil erschließt, mit Rückgriff auf Pierre Bourdieu, die diskursiven Bedingungen des literarischen Feldes. Dieses Feld, so eine zentrale These, kann im Kontext eines ausdifferenzierten und beschleunigten Printkapitalismus, der eine neuartige Unübersichtlichkeit generiert, nicht mehr vorausgesetzt werden. Seine Ordnung muss nun erstmals von den beteiligten Akteuren imaginiert werden, die in einem Verhältnis kompetitiver Allianz stehen, sowohl miteinander konkurrieren als auch kollaborieren. Diese Feldimagination, so argumentiere ich weiter, ist um den Signifikanten Realismus und die Signatur William Dean Howells zentriert. Im Fokus meiner Analysen stehen drei Formate der Literaturkritik (Editorial, Interview, Rezension), über die sich zwei Ordnungsprinzipien der Feldimagination konturieren lassen: Epistemologien der Differenz (Ethnizität, Geschlecht, Region) und eine Vorstellung des Zeitgenössischen. Beide Prinzipien werden in spezifisch literarisches Kapital konvertiert. Sie korrelieren mit der zunehmenden Durchlässigkeit sozialer Grenzen und der permanenten Transformation des Einwanderungslandes USA, und sie bleiben bis heute zentrale Ordnungen für Literaturgeschichten.Der zweite Teil meines Forschungsvorhabens untersucht drei literarische Gattungen bzw. Genres: Roman, Theaterstück, Novelle. Hier geht es, in Abgrenzung zu Bourdieu, um eine Lektürepraxis mit Bezug auf eine Feldimagination, die sich nicht mit sozialen Querschnittsanalysen begnügt. Ausgehend von der zentralen Beobachtung, dass Howells in seinen Texten Charaktere und Figurationen über die Grenzen von Einzelwerken hinweg wiederholt und verschiebt, verstehe ich den Realismus als ein sich selbst archivierendes Projekt, das sich über eine Poetik der Iteration konstituiert und verändert. Iterationen sprengen einerseits die konventionelle Vorstellung des geschlossenen Einzelwerkes, die Literaturtheorien des 20. Jahrhunderts dominiert. Sie erfordern demgegenüber das Denken eines kontinuierlichen literarischen Universums, das die Kontinuität sozialer Erfahrung formal darstellt. Andererseits entwerfen Iterationen die Vorstellung eines Prozesses von Sozialität, der zwischen wiederholten habituellen Skripten und Momenten der Modulation changiert, und der Modi der Erkennung und Verkennung ausdrückt. Der Realismus wird somit zu einer offenen Sequenz, zu einem selbstarchivierenden und selbsthistorisierenden Projekt, das die Kontingenzen von Sozialität inszeniert.Der erste Teil des Projektes bewegt sich also im Rahmen einer Literatursoziologie, die institutionelle Dimensionen textueller Produktion und Rezeption beleuchtet, während der zweite Teil die Bedingungen literarischer Dimensionen des Sozialen diskutiert und Prämissen der konventionellen Romantheorie hinterfragt.
DFG-Verfahren Forschungsstipendien
Internationaler Bezug USA
 
 

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