Virale Co-Infektion differenzierter Atemwegsepithelzellen nach einer Influenzavirus Infektion
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Nachdem wir in einem vorangegangenen DFG-Projekt gezeigt haben, dass eine viralbakterielle Co-Infektion eine virulenzsteigernde Wirkung haben kann, untersuchten wir hier, ob eine Co-Infektion durch zwei Viren eine ähnliche Wirkung hat. Unsere Untersuchungsobjekte waren porzine Influenza-A-Viren (pIAV) und das porzine respiratorische Coronavirus (PRCoV). Als Infektionsmodell benutzten wir air-liquid-interface (ALI)-Kulturen von differenzierten Epithelzellen aus den Atemwegen von Schweinen. Die Mono-Infektion dieser Zellen durch IAV hatten wir in Vorarbeiten bereits charakterisiert. Die Mono-Infektion durch PRCoV haben wir im Rahmen dieses Projekts untersucht. Ein neuartiger Befund war, dass dieses Virus als Zielzellen im Respirationstrakt nicht die zahlenmäßig überwiegenden Zelltypen (zilientragende Zellen, schleimproduzierende Zellen) nutzt, sondern einen seltenen Zelltyp, bei dem es sich vermutlich um sekretorische Zellen handelt, die mangels spezifischer Antikörper aber nicht näher charakterisiert werden konnten. Ein entscheidender Faktor für diesen Zelltropismus ist vermutlich das Vorkommen geeigneter Rezeptoren auf der Zelloberfläche, die es PRCoV erlauben, in die Zellen einzudringen und eine Infektion zu initiieren. Wir haben nämlich gezeigt, dass die porzine Aminopeptidase (pAPN), der zelluläre Rezeptor für PRCoV vornehmlich auf der Oberfläche der vergleichsweise seltenen sekretorischen Zellen zu finden ist. Unsere Arbeitshypothese für die Co-Infektion war, dass eine vorausgehende Influenzavirus-Infektion zu einer vestärkten pAPN-Expression führt und damit zu einer verstärkten PRCoV-Infektion. Die Hypothese stützte sich auf unseren früheren Befund, dass nach einer IAV-Infektion die zilientragenden Zellen infiziert werden und danach absterben. Die entstehenden Lücken in der Epithelzellschicht werden sofort durch Basalzellen gefüllt, die in einen Differenzierungsprozess übergehen. Es dauert aber mehrere Wochen, bis die Differenzierung mit der Bildung von Zilien abgeschlossen ist. In dieser Zeit haben die Zellen unterschiedliche Oberflächenproteine. In unserem Projekt haben wir gezeigt, dass dies auch auf pAPN zutrifft. Wenn die Differenzierung erst eine Woche im Gange ist, findet man auf der Oberfläche des Zellrasens signifikant mehr von diesem Protein als nach vier Wochen, wenn die Differenzierung abgeschlossen ist. In dieser Hinsicht haben wir unsere Hypothese bestätigt. Entgegen unserer Erwartung führte dies aber nicht zu einer gesteigerten PRCoV-Infektion. Vielmehr wurde die Coronavirus-Infektion vollständig gehemmt. Dies war der Fall sowohl bei gleichzeitiger Applikation der Viren als auch bei einer um drei Tage versetzen Infektion durch PRCoV. Bei einem Zeitintervall von sieben Tagen war eine geringfügige Freisetzung infektiöser Viren nachzuweisen. Bei der Suche nach den Gründen für das unerwartete Ergebnis kamen wir zu dem Schluss, dass es mit der angeborenen Immunantwort zu tun hat. Interferon-stimulierte Gene wurden nach einer IAV-Infektion verstärkt exprimiert. Außerdem hatte ein künstlicher Induktor einer angeborenen Immunantwort, polyIC, eine vergleichbare hemmende Wirkung auf die PRCoV-Replikation wie eine vorausgehende IAV-Infektion. PRCoV hatte keine hemmende Wirkung auf eine gleichzeitige oder zeitversetzte IAV-Infektion. Möglicherweise konnte eine Infektion der seltenen sekretorischen Zellen keine effiziente Immunantwort induzieren. Es wird interessant sein, in Zukunft zu untersuchen, ob ein derartiges Szenario auch bei anderen Virus-Virus-Co-Infektionen zu beobachten ist. Im Zusammenhang mit der derzeitigen SARS-CoV-2-Pandemie wird es besonders interessant sein, ob das derzeit kursierende Coronavirus sowie saisonale Influenzaviren sich gegenseitig beeinflussen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Infect Immun. 2019 Jul 23;87(8):e00350-19
Meng F, Tong J, Vötsch D, Peng JY, Cai X, Willenborg M, Herrler G, Wu NH, Valentin- Weigand P
(Siehe online unter https://doi.org/10.1128/iai.00350-19) - Avian Influenza A Virus Infects Swine Airway Epithelial Cells without Prior Adaptation. Viruses 2020; 28;12(6):589
Shin DL, Yang W, Peng JY, Sawatsky B, von Messling V, Herrler G, Wu NH
(Siehe online unter https://doi.org/10.3390/v12060589) - The Cell Tropism of Porcine Respiratory Coronavirus for Airway Epithelial Cells Is Determined by the Expression of Porcine Aminopeptidase N. Viruses. 2020; 23;12(11):1211
Peng JY, Punyadarsaniya D, Shin DL, Pavasutthipaisit S, Beineke A, Li G, Wu NH, Herrler G
(Siehe online unter https://doi.org/10.3390/v12111211) - Time-dependent viral interference between influenza virus and coronavirus in the infection of differentiated porcine airway epithelial cells. Virulence. 2021;12(1):1111-1121
Peng JY, Shin DL, Li G, Wu NH, Herrler G
(Siehe online unter https://doi.org/10.1080/21505594.2021.1911148) - Overcoming the Barrier of the Respiratory Epithelium during Canine Distemper Virus Infection. mBio. 2022 Jan 18;13(1):e0304321
Shin DL, Chludzinski E, Wu NH, Peng JY, Ciurkiewicz M, Sawatsky B, Pfaller CK, Baechlein C, von Messling V, Haas L, Beineke A, Herrler G
(Siehe online unter https://doi.org/10.1128/mbio.03043-21)