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Psychologische Mechanismen sozial gesteuerter Gedächtnisenkodierung und die Rolle von Oxytocin

Fachliche Zuordnung Sozialpsychologie und Arbeits- und Organisationspsychologie
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 324469518
 
Gedächtnisbildung findet bei Menschen typischerweise in sozialen Kontexten statt. Dennoch hat die traditionelle Gedächtnisforschung die Rolle sozialer Faktoren in der Gedächtnisbildung weitgehend unbeachtet gelassen. Das hier vorgestellte Projekt untersucht, wie soziale Verarbeitungsprozesse die Enkodierung von Gedächtnisinhalten bestimmen, d.h. die initiale Phase der Gedächtnisbildung. Die primäre Hypothese ist, dass menschliche Gedächtnisenkodierung wesentlich vom sozialen Kontext bestimmt wird, in dem sie geschieht, auch ohne willentliche Enkodierungsabsicht (inzidentelles Enkodieren). Insbesondere ist die Annahme, dass Stimuli, die in einem sozialen Kontext enkodiert werden, besser erinnert werden als solche aus einem nicht sozialen Kontext. Erste Studien zu diesem Thema haben in Paradigmen, in denen Stimuli entweder allein (nicht-soziales Enkodieren) oder zusammen mit einer anderen Person (soziales Enkodieren) betrachtet wurden, eine solche soziale Verstärkung der Gedächtnisenkodierung (engl. 'social enhancement of memory encoding', SEME) bestätigt. Ausgehend von diesen ersten Befunden, wird der Bewerber sechs umfangreiche Experimente durchführen, um sowohl für verbales als auch visuelles Gedächtnis die psychologischen und neurophysiologischen Determinanten des SEME-Phänomens zu spezifizieren, welche bisher weitgehend unbekannt sind. Insbesondere fünf Forschungsthemen, die als wesentliche Bestimmungsfaktoren des SEME zu erwarten sind, werden dabei genauer untersucht: (1) die Rolle wahrgenommener Ähnlichkeit und Nähe sowie (2) die Rolle einer kooperativen Einstellung zwischen den Partnern, (3) die Rolle emotionaler Prozesse, (4) die Rolle elaborativen Mentalisierens, (5) und - auf der neurobiologischen Ebene - die Rolle von Oxytocin, einem Hormon, von dem bekannt ist, dass es wesentliche Prozesse sozialer Kognition steuert. Die Ergebnisse sind nicht nur aus theoretischer Sicht bedeutsam, indem sie Vorhersagen verschiedener aktueller Theorien über Grundmechanismen sozialer Kognition überprüfen. Ein besseres Verständnis von SEME ist auch aus einer breiteren Sicht wichtig, da sozial geteilte Reizverarbeitung alltäglich ist. Die Identifizierung der Mechanismen, wie sich sozial geteilte Reizverarbeitung in die Bildung überdauernder Gedächtnisrepräsentationen überträgt, ist daher auch ein wichtiger Schritt zum Verständnis der sozialen Natur menschlichen Miteinanders per se, denn solche sozial geteilten Repräsentationen bestimmen auch die gemeinsame Wissensbasis ('shared reality' bzw. 'common ground'), auf der Individuen miteinander interagieren. Langfristig werden diese Erkenntnisse auch prozedurale Verbesserungen in praktischen Anwendungen ermöglichen, besonders in der Erziehung und im klinischen Bereich, über ein besseres Verständnis von sozial geteilter Informationsverarbeitung in Lehrer-Schüler-Interaktionen und in sozial determinierten Ätiologien wie auch Therapien bestimmter klinisch relevanter Störungen sozial-kognitiver Prozesse.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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