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Frühe Schreibweisen der Shoah. Wissens- und Textpraktiken von jüdischen Überlebenden in Europa (1942-1965)

Antragstellerin Dr. Aurelia Kalisky
Fachliche Zuordnung Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 322991341
 
Das vorliegende Projekt widmet sich den Wissens- und Textpraktiken sieben jüdischer Autoren, die zwischen 1942 und 1965 besondere Schreibweisen über die Shoah ausbildeten. Mit Joseph Wulf, Michel Borwicz, Nachman Blumental und Noé Grüss stehen vier Autoren im Mittelpunkt des Projekts, die der polnischen Jüdischen Historischen Kommission angehörten und später nach Frankreich bzw. Deutschland emigrierten. Ergänzt wird diese Reihe durch Jacques Presser und Abel Herzberg, zwei holländische Juden, die nach dem Krieg in den Niederlanden blieben sowie den aus der Tschechoslowakei stammenden H.G. Adler, der 1947 nach England emigrierte. In Gefangenschaft und auf der Flucht betrieben sie Forschung über den Genozid (einschließlich Dokument- und Zeugnissammlungen) und entwickelten verschiedene Schreibweisen (literarische, testimoniale und wissenschaftliche in unterschiedlichen Gattungen und Genres), durch die sie neue Wissensformen hervorbrachten. Deren hauptsächliche Charakteristika sind ihre Interdisziplinarität und ein Oszillieren zwischen einem objektivierenden und subjektivierenden Gestus. Die daraus entstandenen Werke sind bis in ihre Schreibmodi hinein vielgestaltig und vermengen teils den Standpunkt des Forschers mit dem des Schriftstellers und/oder des Zeugen.Bisher wurden diese Autoren bestimmten Wissensfeldern (teils der Geschichte, teils der Literatur) zugeordnet. Im Gegensatz dazu nimmt das Projekt den vielgestaltigen Charakter ihrer Praktiken in den Blick. Dabei richtet sich das Erkenntnisinteresse auf die Frage, wie das ausgearbeitete Wissen und die eingesetzten Schreibweisen die gewöhnlichen Trennungen zwischen den Gattungen, Genres und Disziplinen unterlaufen oder transzendieren. Dabei soll der Hypothese nachgegangen werden, dass es eine diesen Werken immanente Dimension gibt, die sich aus dem Einfluss der 'Katastrophe' auf das Wissen über den Menschen ergibt. Die je spezifische Konstituierung der Shoah als Wissensobjekt soll unter drei Gesichtspunkten in den Blick genommen werden:- Die Vergegenwärtigung eines bisher marginalisierten Textkorpus', das vor der durch den Eichmann-Prozess 1961 eingeläuteten 'Ära des Zeugen' entstanden ist.- Die Herausarbeitung einer für dieses Korpus geltenden innovativen Wissenskultur, deren Praktiken in ihren kulturellen und politischen Kontext einzubetten sind.- Die Verknüpfung von Ansätzen der Geschichtsschreibung und der Sozialwissenschaften mit den besonderen Wissensformationen, die die Literatur und das Zeugnis bereithalten.Der Zielsetzung liegt ein interdisziplinärer Ansatz zugrunde, der Geschichtswissenschaft mit Literaturwissenschaft und insbesondere eine französische 'Geschichte der Schriften' ('histoire des écrits') mit der deutschen Kulturwissenschaft zusammenbringt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Frankreich
 
 

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