Kaufunktion und Nahrungsanpassung frühpaläogener Säugetiere mit quadrituberculären Molaren
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die funktionsmorphologischen Modifikationen von tribosphenischen zum quadrituberkulären Molaren bei paläozänen Säugetieren (Walbeck, Deutschland und Alberta, Kanada) wurden anhand von vier Morphotypen untersucht. Für alle untersuchten Morphotypen wurde ein zweiphasiger Kaupfad rekonstruiert, welcher sich in Richtungs‐ und Neigungsänderungen des Unterkiefers zwischen den Kauphasen unterscheidet. Bei bunodonten Molaren mit viereckigem Kronenumriss und gleichgroßen Höckern (Para‐, Metaconulus und Hypoconus) (z.B. Elpidophorus) nimmt der Richtungswechsel zwischen den Phasen I und II ab. Bei viereckigen bunodonten Molaren mit großem Hypoconus (z. B. Louisina) nimmt die Neigung dagegen ab. Bei den dreieckigen tetracuspiden Molaren (z. B. Adapisorex) mit Hypoconus auf dem distolingualen Postprotocingulum gleitet der Hypoconus mesial entlang des Paraconids ins Trigonidbecken und führt neben der Protoconus/Talonid‐ Okklusion des tribosphenischen Grundmusters ein zusätzliches Reiben durch. Durch das Hinzufügen des Hypoconus wurden die Kontaktflächen zum Quetschen und Reiben vergrößert. Die scherenden Kontaktflächen des ursprünglichen tribosphenischen Musters wurden vor allem bei bunodonten Zähnen verkürzt. Die Kontaktflächen waren bei niedrigkronigen Molaren zwar durch zusätzlich Kontaktflächen mit den neugebildeten Höckern (Para‐ und Metaconulus und dem Hypoconus) vergrößert, jedoch war die Dauer des Kontakts zum Teil erheblich kürzer als beim tribosphenischen Grundmuster. Von einer höheren Effizienz zu sprechen, erscheint daher problematisch. Trotzdem sind die Kontakte der flacher einfallenden Facetten gerade im Bereich der zentralen Okklusion wichtiger für die Aufbereitung zäher Pflanzennahrung, da es hier zur quetschend‐reibenden Komponente während der zentralen Okklusion des Kauvorganges kommt. Die quadritubercularen Molaren waren somit ein erster Schritt in Richtung der späteren Spezialisierungen auf fasrige Pflanzennahrung wie z. B. Selenodontie und Lophodontie. Allen untersuchten quadritubercularen Molarentypen ist gemein, dass sie niedrigkroniger sind als die tribosphenischen Vorgänger. Unabhängig von der Phylogenie wurden konvergent verschiedene Morphotypen mit Hypoconus entwickelt. Diese zeigten ähnliche OFA‐ Ergebnisse, so dass unabhängig von der Ausgangsstruktur eine ähnliche Funktionsweise des Hypoconus vorliegt. Die beobachteten Unterschiede im Kauzyklus deuten auf unterschiedliche Ernährungsanpassungen hin, die mit Hilfe von dental‐topographischen Analysen (RFI, OPCR, DNE) untersucht wurden. Von den untersuchten Pseudorhyncocyonidae, Cimolestidae, Louisinidae, Adapisoricidae, Plesiadapidae, und Adapisoriculidae war kein Taxon ausschließlich insektenfressend. Frühe Taxa weisen zwar eine stärkere Tendenz zur Insektivorie auf, es existierten offenbar gleichzeitig auch frugivore und omnivore Arten. Da die untersuchten Taxa alle terrestrisch und von ähnlich geringer Körpergröße sind, kann man davon ausgehen, dass die unterschiedlichen Ernährungspräferenzen dazu beitrugen, den Wettbewerb um Ressourcen zu verringern.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2017) Inferring dietary adaptations of Paleocene small mammals from Walbeck (Germany) by molar relief index. Journal of Vertebrate Paleontology, Program and Abstracts: 109
Engler T, Hielscher RC, Martin T
- (2017) Paleocene fossil‐lagerstätte Walbeck, Germany – A short review of the current knowledge, the historical context, and the faunal assemblage. 88th Annual Conference of the Paläontologische Gesellschaft, Münstersche Forschungen zur Geologie und Paläontologie 109: 35
Engler T, Martin T
- (2018) Differentiation in dental morphology and function of Paleocene small mammals after the Cretaceous‐Paleogene mass extinction. Journal of Vertebrate Paleontology, Program and Abstracts: 122
Engler T, Martin T
- (2018) Functional modifications in tooth morphology of Paleocene small mammals. Abstracts GeoBonn 2018: 236
Engler T, Martin T
- (2019) Inferring dietary adaptations of Paleocene stem Macroscelidea by dental topography analyses. Journal of Vertebrate Paleontology, Program and Abstracts: 96
Engler T, Martin T