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Variation and Grammaticalization in Verbal Scene Constructions

Subject Area Individual Linguistics, Historical Linguistics
Term from 2016 to 2020
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 318196760
 
Final Report Year 2020

Final Report Abstract

Im Projekt ist es gelungen, konstruktionelle Formate systematisch für die Beschreibung von Varianz und Grammatikalisierung komplexer verbaler Syntagmen zu nutzen. Diese wurden im Projekt als Verbalszenenkonstruktionen entwickelt und einheitlich zur Beschreibung der synchronen Varianz der verbalen Kerne bekommen, kriegen, verdienen und lassen im heutigen Deutsch verwendet. Ferner wurden sie zur Modellierung von Grammatikalisierungstendenzen dieser Verben hin zu verschiedenen grammatischen Kategorien eingesetzt. Es ist gelungen, Grammatikalisierungspfade neuen Typs mit Verbalszenenkonstruktionen (d.h. holistischen Einheiten) als Skaleninhalten zu erstellen, die kategorienspezifische, erheblich präzisere Entwicklungsszenarien als bislang verwendete Modelle liefern. Ausgangspunkt war die Unterscheidung zwischen lexikalischen, idiomatischen und grammatikalisierten Gebrauchsweisen als prototypische funktionale Muster. Unter lexikalischem Gebrauch wird der produktive Gebrauch der Verben als zentraler Prädikatsbestandteil mit verschiedenen Valenzforderungen verstanden. Ein Beispiel ist das Argumentstrukturmuster von bekommen, das eine völlig offene Position für ein direktes Objekt aufweist, z.B.: In diesem Jahr bekommt sie einen Preis / eine Zusage / drei Wochen Urlaub / ein Kind […]. Grammatische Gebrauchsweisen der genannten verbalen Kerne zeichnen sich durch Auxiliarisierungsprozesse aus, d.h. hier tritt das fragliche Verb notwendigerweise in einer periphrastischen Konstruktion mit einem infiniten zweiten Verb auf, wie in Sie bekommt die Haare geschnitten (repräsentativ für das Dativ-Passiv) oder Das Buch verdient an erster Stelle auf der Bestenliste zu stehen, ein Beispiel, das die Entwicklung von verdienen & Infinitiv als Marker deontischer Modalität (‚sollte‘) zeigt. Idiomatischer Gebrauch, also die Verfestigung einer Verbalszene zu einer mit konkreten Lexemen gefüllten Konstruktion (meist mit Ausnahme einiger Slots, insbesondere der Subjektsposition), liegt z.B. vor in Gegenwind bekommen (‚mit Opposition rechnen müssen‘), Federn lassen (‚Verluste erleiden‘), sich seine Sporen verdienen (‚das eigene Können erstmalig unter Beweis stellen‘). Diese aus semiotischer und funktionaler Sicht völlig unterschiedlichen Verwendungsweisen konnten einheitlich modelliert werden, indem sowohl die Merkmale prototypischer Konstruktionstypen wie auch die graduellen Modifikationen verschiedener Slots in den Übergangsbereichen erfasst wurden. Die Übergänge und Interdependenzen zwischen den Gebrauchsweisen konnten als graduelle und komplexe Veränderungen der Merkmalszuweisung für bestimmte konstruktionelle Slots interpretiert werden. Dies geschah mittels statistischer Analysen (einfache Kollexemanalysen, distributive Kollexemanalyse etc.) auf der Basis des vollständig erhobenen DWDS-Kernkorpus. Es entstand eine komplette Erhebung und Kategorisierung der Vorkommen der untersuchten Verben im DWDS- Kernkorpus vorgenommen. Der oft eingeforderte Perspektivenwechsel hin zu einer Synthese von Grammatikalisierungstheorie und Konstruktionsgrammatik in Form einer einheitlichen konstruktionellen Erfassung aller Prozesse konnte eingelöst werden.

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