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Mediale Störungen. Strukturen und Funktionen von Fernsehsondersendungen in der politischen Medienkultur Deutschlands.

Antragstellerinnen / Antragsteller Professor Dr. Andreas Dörner; Professorin Dr. Ludgera Vogt
Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 315684427
 
Störungen werden grundsätzlich verstanden als Unterbrechungen einer Ablauflogik. Sie bedeuten jeweils eine Einschränkung einer gesellschaftlich definierten Normalität und sind insofern produktiv, als sie im Gedächtnis bleiben und für Veränderungen sorgen können. Störungen rufen eine Verständigung über die Normalität ebenso hervor wie den Bedarf nach deren Wiederherstellung. Die gesellschaftliche Konstruktion von und Kommunikation über Störungen erfolgt über die Massenmedien. Eine zentrale Rolle spielen dabei Fernseh-Sondersendungen, die in Deutschland hauptsächlich von öffentlich-rechtlichen Anbietern ausgestrahlt werden. Die Sendungen markieren jeweils Störungen und beschäftigen sich mit Verursachern und Verantwortlichen, mit Betroffenen und Beobachtern, mit dem Ausmaß der Störung wie mit dem Prozess der Entstörung. Darüber hinaus führen die Sendungen auch eine Diskussion über Entstörungsfolgen und eruieren die Perspektiven einer Re-Normalisierung. Das geplante Projekt untersucht, wie Störungen, Entstörungen, Entstörungsfolgen und die Re-Etablierung einer (symbolischen) Ordnung in Sondersendungen konstituiert, definiert, inszeniert und (rituell) verarbeitet werden. Dies geschieht im Anschluss an folgende Fragen: 1. Welche Funktionslogik haben die Sondersendungen? Konkret: Welches sind die Selektionskriterien? Wie verlaufen die Programm- und Redaktionsentscheidungen und welche Akteure sind dabei wie beteiligt? Wie sehen die Produktionsabläufe aus? 2. Welche gestalterischen Elemente tragen zur rituellen Störungsbearbeitung bei und prägen die Ästhetik des audiovisuellen Textes (Rahmung, Sendungsablauf, Dramaturgie, Moderation, Studiogestaltung, Bildsprache)? 3. Welche symbolischen Ressourcen werden eingesetzt? 4. Wie entfalten die Sondersendungen ihre jeweils entstörenden, normalisierenden und die Ordnung re-etablierenden Potenziale? 5. Welche Rolle spielen jenseits der traditionellen massenmedialen Kommunikation Social Media-Anwendungen in den Sendungen, insbesondere in der Interaktion mit den Zuschauern? Die empirische Arbeit folgt einem erweiterten Konzept der ethnografisch eingebetteten Videoanalyse. Analysiert werden erstens audiovisuelle Daten (ca. 120 ausgestrahlte Sondersendungen, ARD Brennpunkt und ZDF spezial. Mitschnitte während der Projektlaufzeit sowie archivierte Sendungen aus dem Jahr 2015), zweitens Interviews (mit Medienakteuren vor und hinter der Kamera) sowie drittens Felddokumente. Außerdem kommen Beobachtungsverfahren zur Anwendung. Fünf Elemente der rituellen Störungsbearbeitung in den Sondersendungen werden in den Blick genommen: Intensität, Topizität, Temporalität, Performativität und Medialität. Ziel ist es, eine Typologie der medialen Konstruktion von Störung, Entstörung, Entstörungsfolgen und der Re-Etablierung einer Ordnung zu rekonstruieren. Die Resultate der Forschung versprechen neue Einsichten in die Funktionsweise politischer Medienkultur in der deutschen Gegenwartsgesellschaft.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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