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Gärten als Verhandlungsräume: Die Kategorisierung von neuen Gärten in Japan zwischen 1880 und 1930 als Frage der nationalen Selbstbeschreibung
Antragsteller
Professor Dr. Christian Tagsold
Fachliche Zuordnung
Asienbezogene Wissenschaften
Kunstgeschichte
Kunstgeschichte
Förderung
Förderung von 2016 bis 2018
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 315424278
Die Idee des japanischen Gartens ist ein Produkt der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Durch Gärten auf Weltausstellungen und einen sowohl von Europäern und Nordamerikanern als auch Japanern selbst geführten Diskurs über Gärten in Japan entstand im Wechselspiel zwischen diesen westlichen Fremdzuschreibungen und nationaler Selbstrepräsentation die Vorstellung eines nationalen Stils. Als Folge wurde es in Nordamerika und Europa modisch, japanische Gärten anzulegen. Die Idee des japanischen Garten wurde in den 1930er Jahren um das Element "Zen-Buddhismus" als Erklärung der symbolischen Wirkung dieser Räume ergänzt. Die Forschung der letzten zwei Jahrzehnte hat diesen Prozess der kulturellen Übersetzung zwischen dem Westen und Japan klar herausarbeiten können. Während also Diskurs und japanische Gärten im Ausland inzwischen gut analysiert worden sind, ist die Entwicklung des Gartendesigns in Japan selbst in diesem Zeitraum deutlich weniger erforscht. Die neu angelegten Gärten speziell zwischen 1890 und 1930 bilden aber das Gegenstück im Übersetzungsprozess - sie sind nicht unabhängig von den bereits erforschten Prozessen entstanden. Vor allem private Gärten reicher Industrieller, Politiker oder Künstler wurden nach neuen Vorstellungen errichtet. Bemerkenswert ist, dass diese Gärten von Gartenwissenschaftlern in Japan lange gar nicht als japanisch anerkannt wurden, sondern bestenfalls als ekklektisch galten. In den letzten Jahrzehnten sind jedoch viele dieser Gärten zu nationalen Denmälern erklärt worden und werden in diesem Zusammenhang inzwischen als klar japanisch kategorisiert. Das Projekt untersucht an fünf ausgewählten Beispielgärten, wie es dazu kam. Dazu sind die vier Ebenen bedeutsam: 1. Errichtungskontext; 2. frühe Rezeption der Gärten in der (Fach-)Presse; 3. Diskussionen um die Erhaltung in den 1970er Jahren mit der Folge der Aufnahme in Denkmallisten und schließlich 4. die weitere Pflege, Verwendung und Japanisierung der Gärten. So lässt sich zeigen, wann die Kategorisierung als "japanische Gärten" aufkam und wie dieses Argument in die Diskussion eingeführt wurde sowie dort Geltung erlangte. Deutlich wird darüber hinaus die Verbindung zu anderen Diskursfeldern, die für die nationale Selbstbestimmung in Japan zentral sind. Die Fragen der Natur und der besonderen Liebe der Japaner zur Natur spielen hier eine wichtige Rolle. Über die Gärten lässt sich zeigen, dass diese den nihonjinron (Japanertheorien) entlehnte Verwendung von Natur in den Diskussionen um die Gärten erst langsam übernommen wurde und in Konkurrenz zu einem eher durch die westlichen Naturschutzdiskurse beeinflussten Argumentationsmuster steht. Über Archivarbeit und Experteninterviews wird das Projekt diese Entwicklungen nachzeichnen und damit einen Beitrag zur Frage der kulturellen (Rück-)Übersetzung und Bestandteilen der Japanertheorien in praktischen Feldern leisten.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Japan
Kooperationspartnerin
Professorin Dr. Miyuki Katahira