Das Ziel des Forschungsvorhabens bestand in der simultanen Modellierung von Kompetenzen und Schülervorstellungen im Bereich der Erkenntnisgewinnung. Auf Grundlage eines bereits publizierten Kompetenzmodells wurden typische Vorstellungen aus der nationalen und internationalen Literatur abgeleitet und mit Blick auf die im Kompetenzmodell definierten Arbeitsweisen „Beobachten, Vergleichen, Ordnen“, „Experimentieren“ und „Modelle nutzen“ klassifiziert. Insgesamt wurden fünf als inadäquate (d. h. eher unsystematischempiristisch- naiv-realistische) Vorstellungen und fünf adäquate (d. h. eher systematischkonstruktivistisch-falsifikationistische) Vorstellungen berücksichtigt. Auf Ebene der Kompetenzen wurden Fachkontexte der Chemie und Biologie berücksichtigt. Die Vorstellungen wurden in einen Likert-Skalierten Fragebogen überführt, der je eine eigene Skala pro Vorstellung enthielt, was eine methodische Innovation in diesem Feld darstellt. Der Fragebogen wurde in einer qualitativen Vorstudie validiert und, zusammen mit Skalen zur Erfassung der Kompetenzen in Biologie und Chemie sowie mit Skalen weiteren kognitiven Kontrollvariablen, in einer Stichprobe von 802 Schülerinnen und Schülern der achten bis zwölften Klassenstufe eingesetzt. Die mittels Strukturgleichungsmodellen gewonnenen Ergebnisse zeigten, dass allein zehndimensionale Modelle geeignet sind, die Daten über die Vorstellungen adäquat zu repräsentieren. Über den Stand aktueller quantitativer Ansätze in diesem Bereich hinaus sollten dabei eher adäquate und eher inadäquate Vorstellungen getrennt voneinander behandelt werden. Gleichzeitig zeigen sich signifikante mittlere bis starke positive Zusammenhänge zwischen Kompetenzen und eher adäquaten Vorstellungen sowie negative Zusammenhänge zwischen Kompetenzen und eher inadäquaten Vorstellungen. Es lassen sich jedoch keine systematischen Hinweise für eine spezifisch ausgeprägte Zusammenhangsstruktur zwischen Kompetenzen und Vorstellungen innerhalb der Arbeitsweisen nachweisen. Über die Analysen hinaus konnte mittels Latenten Klassenanalysen (LCA) gezeigt werden, dass vier Schülerprofile in den Daten vorherrschen, wobei insbesondere ein Profil Schülerinnen und Schüler umfassen könnte, die sowohl adäquate als auch inadäquate Vorstellungen gleichzeitig haben könnten. Zusammengenommen verknüpft und erweitert dieses DFG-Projekt die Wissensbestände in den Bereichen „kompetenzorientierte Forschung“ und „Schülervorstellungen“ und implementiert Innovationen im Bereich der quantitativen Erfassung von Vorstellungen. Fragen nach der Entwicklung und dem Wechselspiel von Kompetenzen und Vorstellungen können in Nachfolgeprojekten fokussiert werden.