Das dem Antrag zu Grunde liegende, duale Konzept aus Analysen der Brachiopodenschale und aus Untersuchungen von Kristallisationsparametern, die zu einer bioinspirierten Kalzitsynthese kontrolliert werden müssen, konnte erfolgreich umgesetzt werden. Die Analysen der Brachiopodenschalen lieferten vielfältige Informationen über den hierarchischen Aufbau der Schalen, über ihre strukturellen Komponenten und über die mechanischen Eigenschaften des biogenen Materials wie zum Beispiel ihre nanoskalige Härte durch Nanoindentationsmessungen. Die Analysen konnten daher ganz wesentlich zum Verständnis des Aufbaus, der Eigenschaften und des Wachstums der Schalen beitragen. So zeigten Vergleiche zu Nanoindentationsmessungen auf Oberflächen von anorganisch gebildeten Kalzitkristallen klar, dass das biogene Material deutlich bessere Eigenschaften als das anorganische Pendant aufweist. Brachiopodenschalen zeigen – wie auch viele andere biogene Materialien – einen sehr hohen Grad an Kristallisationsorganisation und –kontrolle bezüglich ihrer Kristallmorphologie und Textur. Der dem zweiten Teil des Projekts, dem Syntheseteil, zugrunde liegende Ansatz war, zu prüfen, ob Keimbildungs- und Kristallisationskompartimente verwendbar sind, um ein Material mit hoch definierter Kristallmorphologie und Textur zu kristallisieren. Als eine Lösung für den Aufbau entsprechender Reaktionskompartimente wurde der Porenraum von AAM- und Silica- Gelen prospektiert. Eine Untersuchung der in den Gelen gewachsenen Kristalle ergab, dass Silica-Gele vom wachsenden Kristall verdrängt werden, sich also als Keimbildungskompartiment eignen während das Kristallwachstum unabhängig von der Porengröße ablaufen kann. Da sich im Porenraum von Silica-Gelen Kieselsäuren befinden, wurde der Einfluss von Kieselsäuren auf das Kristallwachstum von Kalzit untersucht und ein bimodaler Promotor-Inhibitor-Effekt festgestellt. Dabei wird das Wachstum an den kink-sites von Kalzit wahrscheinlich weitgehend von Mono- und Oligomeren beeinflusst, während die Kieselsäurepolymere wahrscheinlich die aktiven Spezies bei der zweidimensionalen Keimbildung sind. Kieselsäuren stellen somit ein Additiv mit einer ganz besonderen Wirkungsvielseitigkeit dar. Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass Kieselsäuren von Organismen auch in biosynthetischen Prozessen verwendet werden – Organismen also über die Möglichkeit verfügen, den Umgang mit Kieselsäuren steuern zu können. Den Kieselsäuren könnte daher eine wichtige duale Funktion im Bereich der Biomineralisation zukommen: als Biomineralbaustein und als Steuersubstanz anderer Biominerale.