Identification and characterization of the role of noncoding RNA for gene regulation of metabolic processes in cattle
Final Report Abstract
Für das Verständnis der genetisch determinierten Diversität von Nutztieren und das Entstehen von spezifischen Phänotypen ist ein umfassendes Wissen über die Genomfunktion erforderlich. Unter den nicht‐kodierenden RNAs nehmen die langen nicht‐kodierenden RNAs (lncRNAs) eine besondere Rolle ein, da sie sehr oft entwicklungs‐, zelltyp‐ und umweltabhängig exprimiert werden. Bei Mensch und Labortieren gibt es zahlreiche Belege für ihre wichtige Beteiligung u.a. an Prozessen der Ontogenese oder der Entstehung von Krebs und Stoffwechselkrankheiten. Beim Rind war die Annotation von lncRNAs im Genom ebenso wie das Wissen über deren Funktion zu Projektbeginn noch rudimentär. Dabei ist zu berücksichtigen, dass lncRNAs nur eine geringe Sequenzhomologie zwischen Arten aufweisen, so dass Analogieschlüsse zwischen Spezies nur schwer möglich und anders als bei proteinkodierenden RNAs aus der Sequenz kaum Rückschlüsse auf die Funktion möglich sind. Beim Rind ist die Verteilung der aufgenommenen Nährstoffe im Körper bzw. ihre Nutzung zur Synthese von Protein und Fett (Milch, Fleisch) zwischen den Rassen sehr unterschiedlich. Dies trifft auch darauf zu, ob Tiere bevorzugt aufgenommene Nährstoffe in Milch oder Körpermasse umsetzen. Diese Unterschiede beeinflussen jedoch, wie effizient Tiere Nährstoffressourcen einsetzen. Zielstellung des Projekts waren daher die Identifizierung und Charakterisierung der Rolle von lncRNAs bei der Genregulation von Prozessen der Nährstoffpartitionierung beim Rind. Dabei lag der Focus auf der Identifizierung von lncRNAs und von lncRNA‐vermittelten Mechanismen, welche den Stoffwechsel und die Verteilung und Umsetzung der aus der Nahrung aufgenommenen Energie regulieren und somit das genetisch‐physiologische Leistungspotential divergenter Stoffwechseltypen beim Rind modulieren können. Für das Projekt wurden Proben von hinsichtlich Nährstoffpartitionierung (Residual Feed Intake, Bullen) bzw. Milchleistung (Leistung in der Frühlaktation, Kühe) merkmalsdivergenten Tieren aus einer Kreuzungspopulation der Rassen Charolais und Deutschen Holstein genutzt. Von den Tieren wurden umfassende Plasma‐Metabolom‐ sowie Gesamttranskriptomdaten aus vier für die Nährstoff‐ umsetzung wichtigen Geweben (Pansen, Jejunum, Leber, Muskel) bestimmt. Auf deren Basis konnte die bisherige Genomannotation um 6.161 lncRNAs (3.590 Loci) erweitert werden. Nach dem Prinzip „Guilt by association“ erfolgte für die lncRNAs eine Zuweisung von Funktionen im Rahmen der Nährstoffumsetzung unter Nutzung von integrierten Informationen über Gewebespezifität, differentielle Expression sowie über positionelle Informationen aus Quantitative Trait Loci (QTL)‐Studien. Für die entsprechenden Netzwerk‐ und Korrelationsanalysen wurde erstmalig eine zuvor für Transkriptionsfaktoren entwickelte bioinformatische Pipeline für die Untersuchung von lncRNAs adaptiert. Im Ergebnis konnte für eine Reihe von lncRNAs eine regulative Funktion im Rahmen der Nährstoffpartitionierung des Rindes prognostiziert werden. Damit im Zusammenhang zeigten sich Stoffwechselwege und Gene (z.B. β‐Oxidation, Harnstoffzyklus, FGF21, Arginin), die maßgeblich an der genetisch bedingt divergenten Partitionierung von Nährstoffen beteiligt sind. Der Guilt‐by‐association‐Ansatz ermöglicht eine Voraussage der Funktion von lncRNAs, die jedoch einer experimentellen Absicherung, z.B. durch Ermittlung der Interaktionspartner einer lncRNA bedarf. Für diesen Zweck wurde im Projekt die Methode zur Chromatin Isolation by RNA Precipitation (ChIRP) für das Rind etabliert. Die Methode beruht auf der selektiven Hybridisierung von Antisense‐Oligonukleotiden an Chromatin‐Komplexe aus Histon, DNA und an die DNA angelagerte lncRNA. Die erforderlichen, umfangreichen methodischen Entwicklungen erfolgten sowohl für Zellkulturmaterial als auch Gewebeproben. Insbesondere Crosslinking, Sondendesign, Hybrisierungsbedingungen und die Erstellung von Sequenzierbibliotheken aus extrem geringen DNA‐Mengen bedurften aufwändigen Optimierungen. Nach bioinformatischer Auswertung der ChIRP‐Sequenzierbibliotheken konnten für die lncRNA TUG1 (taurine up‐regulated 1) insgesamt 77 spezifische Chromatin‐Bindungsstellen nachgewiesen werden. Die im Rahmen des Projekts etablierte ChIRP‐Methode steht für zukünftige weitere Arbeiten zur funktionalen Charakterisierung von lncRNAs beim Rind zur Verfügung. Die im Projekt erarbeiteten Transkriptomdaten sowie die ChIRP‐Methode bilden wichtige Bestandteile des EU H2020 Projekts BovReg, das eingebettet ist in die globale Initiative Functional Annotation of Animal Genomes.
Publications
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