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Das Aushandeln von Recht in den Peripherien Suedaethiopiens
Antragsteller
Professor Dr. Karl-Heinz Kohl
Fachliche Zuordnung
Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung
Förderung von 2015 bis 2019
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 282621524
Kernziel des Projektes ist zu untersuchen, wie das seit kurzem verstaerkt durchgesetzte staatliche Recht in der bis dahin relativ abgelegenen Region Suedaethiopiens zwischen lokalen Regierungsangestellten verhandelt wird.Als nie kolonisiertes Land hat Aethiopien modernes Recht erst in den 1960er Jahren eingefuehrt. Hierbei wurde das traditionelle Recht der zu dieser Zeit dominanten hochlandaethiopischen Gruppen teilweise integriert. Die Bewohner des suedlichen Tieflandes waren damals nur marginal in die Nation integriert und bis heute werden fast alle Konflikte lokal geloest. Seit kurzer Zeit uebt die Regierung Druck aus, das staatliche Recht in allen Regionen Aethiopiens strikter anzuwenden. Die neue aethiopische Verfassung von 1995 garantiert jedoch allen ethnischen Gruppen Gleichbehandlung und erlaubt in gewissem Maße die Anwendung von traditionellem Recht, so dass ein gewisser Spielraum fuer Aushandlungsprozesse und kreatives Umgehen mit Konflikten auf Seiten der Service suchenden und der Dienstleistenden im Rechtssektor entstanden ist.Das Projekt wird sich besonders mit folgenden Fragen beschaeftigen:1) Entscheidungsprozesse in den lokalen Kommunen in der Auswahl der Rechtsforen im Konfliktfall (lokales oder formales Gericht)2) Unterschiede in den Entscheidungen von Maennern und Frauen, und in den Vorteilen, die sie erhalten3) Raum fuer Aushandlungen mit Staatsangestellten, die zwischen widerspruechlichen Rechts- und Wertesystemen navigieren muessen (staatliches Recht und traditionelles Recht)4) direkte und indirekte Praesenz von internationalem Recht (insbesondere Menschenrechte) in der Forschungsregion und ihr Einfluss auf Entscheidungsprozesse von Rechtsuchenden und Rechtsprechenden.Daten werden in ethnographischen Feldaufenthalten vor allem mit qualitativen Methoden erhoben (Beobachtung, strukturierte und unstrukturierte Interviews, Gruppendiskussionen, Fallstudien), wobei die Perspektiven verschiedener Akteure ins Zentrum gestellt werden sollen. Aethiopische Rechtsdokumente werden ebenfalls eingesehen und analysiert.Das Projekt wird zur wachsenden Literatur zum kreativen Umgang mit Konflikten in rechtspluralistischen Kontexten beitragen, ebenso zur Herausbildung von neuen oder hybriden normativen Ordnungen, und zu einem geschlechterdifferenzierten Blick auf Rechtspluralitaet im afrikanischen Kontext.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen