In den zurückliegenden Jahrzehnten hat sich in Deutschland und in den meisten anderen europäischen Ländern eine weitreichende Expansion des tertiären Bildungssystems vollzogen. Damit einher ging eine institutionelle Differenzierung in unterschiedliche Hochschultypen, Studiengänge und Bildungsphasen. Das Projekt untersuchte diesen durch Expansion und Differenzierung geprägten Wandel des Hochschulsystems vor allem im Hinblick auf seine Implikationen für die in modernen Gesellschaften mit Bildung verbundene soziale Ungleichheit. Unter der Fülle von Erkenntnissen, die das Projekt zu diesem Themenkomplex beitragen konnte, erscheinen die folgenden als zentral. Im Zuge der Bildungsexpansion haben zwar soziale Disparitäten zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen im Erwerb des Abiturs als Voraussetzung zum Studium abgenommen, beim Übergaqng in ein Hochschulstudium nach dem Abitur sind sie dagegen größer geworden. In der Kumulation beider Prozesse ergeben sich (bezogen auf die Gesamtpopulation eines Jahrganges) für Studienaufnahme und Studienabschluss dennoch verringerte soziale Ungleichheiten. Der zunächst erstaunliche Befund gestiegener Ungleichheit beim Hochschulzugang (bezogen auf die Studienberechtigten) wird nachvollziehbar, wenn berücksichtigt wird, dass der Zugang zu attraktiven Ausbildungsstellen heute anders als früher oftmals an das Abitur gebunden ist. Dieser Umstand hat dazu geführt, dass heute viele junge Erwachsene aus sozial niedrigeren Schichten eine Hochschulzugangsberechtigung erwerben, um dann in das berufliche Bildungssystem zu wechseln. Dieser Prozess wird zudem befördert durch die institutionellen Öffnungsprozesse, die sich auf dem oberen Sekundarschulniveau vollzogen haben. Durch die alternativen, meist im berufsbildenden Bereich angesiedelten Wege zur Studienberechtigung werden vermehrt Schüler aus den bildungsfernen Familien zur Hochschulreife geführt, die kein Studium anstreben. Die Entscheidung für ein Hochschulstudium bleibt damit sozial selektiv, und zwar aufgrund sozial unterschiedlicher Bildungspläne und –entscheidungen (sog. sekundäre Herkunftseffekte). Kaum ins Gewicht fallen hingegen Unterschiede im schulischen Leistungsniveau von Abiturienten unterschiedlicher sozialer Herkunft (sog. primäre Herkunftseffekte). Abiturienten aus niedrigeren Sozialschichten haben kaum schlechtere Abiturleistungen als ihre Mitschüler aus höheren Sozialschichten. Entwicklungen am Übergang zur Hochschule müssen in den Gesamtzusammenhang des kompletten Bildungsverlaufs gestellt werden. Das Projekt konnte zeigen, dass dem Übergang nach der Hochschulreife eine merkliche, jedoch im Vergleich mit anderen Bildungsetappen geringe Bedeutung im Gesamtprozess der Genese sozialer Bildungsungleichheiten zukommt. Viel entscheidender ist der Übergang von der Grund- auf die weiterführenden Schulen. Will man mehr Arbeiterkinder für die Hochschulen gewinnen, liegt das größte Potential für bildungspolitische Interventionen in der Egalisierung der Bildungsentscheidungen sowie schulischen Leistungen am Ende der Grundschulzeit. Der historische Wandel in der Bildungsungleichheit in Deutschland wurde mit den entsprechenden Entwicklungen in mehreren anderen europäischen Ländern verglichen. Nach den Ergebnissen, die auf aussagekräftigeren Daten als bislang fußen, differieren in praktisch allen untersuchten Ländern die erreichten Bildungsabschlüsse in den jüngeren Kohorten weniger nach sozialer Herkunft als für die Kohorten, die in der Zwischenkriegszeit bis ins erste Jahrzehnt nach dem zweiten Weltkrieg die Bildungseinrichtungen besuchten. Die Befunde erfordern eine Korrektur der bislang in der Literatur dominanten These persistenter Ungleichheit. Neben der Analyse der sozialen Selektivität beim Zugang zur Tertiärbildung wurde untersucht, wie sich die Berufschancen der Absolventen verschiedener Ausbildungsgänge im Zeitverlauf entwickelt haben. Vielfach wurde die seit Ende der 1970er-Jahre angestiegene Beteiligung an höherer Bildung als Bildungsinflation wahrgenommen. Mit einem Überangebot an Bildung wurde zudem die Vorstellung einer Entkopplung von Bildungs- und Beschäftigungssystem verbunden. Entgegen dieser These konnte das Projekt zeigen, dass sich unterschiedliche Erträge tertiärer Bildung (Klassenposition, berufliches Prestige, Einkommen, Vermeidung von Arbeitslosigkeit) über den langen Untersuchungszeitraum zwar in Einzelaspekten etwas verändert haben. Es findet aber kein konsistenter oder kontinuierlicher Abbau von Erträger höherer Bildung statt. Hochschulbildung „rentiert“ sich also nach wie vor. Auch bei den Erträgen unterschiedlicher Studienfächer lassen sich keine substantiellen Veränderungen in den Arbeitsmarkterträgen feststellen. Diese sowie weitere Erkenntnisse (etwa zu Unterschieden zwischen den Geschlechtern, zu den Folgen der Entwicklungen im Bildungssystem für die soziale Mobilität zwischen den Generationen, oder zur Situation Deutschlands im internationalen Vergleich) basieren auf der Erschließung und Verwertung eines großen Pools belastbarer Datenbasen. Erstmalig wurden die HIS-Studienberechtigtenpaneldaten in enger Kooperation mit dem HIS für weitergehende Analysen aufbereitet und für die wissenschaftliche Fachöffentlichkeit erschlossen. Mittlerweile nutzt ein weiter Kreis von Forschern diese Daten für Sekundäranalysen. Darüber hinaus wurde erstmals eine lange Reihe von Mikrozensen harmonisiert und kumuliert, die die Basis für die Erforschung der Erträge von Hochschulbildung im zeitlichen Wandel bilden. Als dritte Säule wurde der Mannheimer Mobilitätsdatensatzes kontinuierlich erweitert. Dabei handelt es sich um eine harmonisierte Kumulierung aus verschiedenen sozialwissenschaftlichen Erhebungen von repräsentativen Bevölkerungsquerschnitten seit Mitte der 1970er Jahre (wie u.a. dem Allbus) sowie verschiedenen Stichproben des SOEP. Der Mobilitätsdatensatz ermöglicht die Analyse der langfristigen Entwicklung von Disparitäten in den Bildungsabschlüssen und ihrer Bedeutung für die soziale Mobilität. Als zusammenfassenden Ausweis für die wissenschaftliche Rezeption der Ergebnisse kann das Projekt darauf verweisen, dass seine Publikationen bereits bei Projektabschluss mit annähernd 70 Zitationen im Social Science Citation Index (SSCI) verzeichnet sind.