Untersuchungen zum Mechanismus der hypothermie-induzierten Thrombozytenaktivierung und Entwicklung neuer pharmakologischer Strategien zur Vermeidung von thrombembolischen Komplikationen während herzchirurgischer Operationen unter Hypothermie
Final Report Abstract
Hypothermie wird routinemäßig in der Herzchirurgie und in der Intensivmedizin eingesetzt, um mit Ischämie assoziierte Organschäden zu verhindern. Hypothermie induziert jedoch eine Thrombozytenaktivlerung und -dysfunktion, welche in Blutungsereignissen sowie thrombembollschen Komplikationen resultieren kann. Im Rahmen des von der DFG gewährten Forschungsstipendiums am Baker IDl Heart and Diabetes Institute (Centre for Atherothrombosis and Vascular Biology; Laborleiter: Prof. Karlheinz Peter) hat der Antragsteller Untersuchungen zum Effekt von Hypothermie auf Thrombozyten durchgeführt. Ziel dieser Untersuchungen war, den bisher unklaren Mechanismus hypothermieinduzierter Thrombozytendysfunktion besser zu verstehen und optimale therapeutische Angriffspunkte zum Schutz von Thrombozyten gegen Hypothermie in klinisch relevanten Temperaturbereichen (28°C und 18°C) zu identifizieren. Mit einem entsprechenden zielgerichteten pharmakologischen Ansatz könnten in Zukunft hypothermie-induzierte Thrombozytenschädtgung sowie konsekutive Komplikationen verhindert werden. Folgende Erkenntnisse aus diesem Projekt tragen zum Verständnis des hypothermie-assoziierten Hämostase Defektes bei: In einem in vivo Mausmodell zeigte sich während Hypothermie eine reversible Vedängerung der Blutungszeit. Dies lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass Hypothermie unter ex vivo Flussbedingungen die primäre Thrombozytenadhesion auf Bestandteilen extrazellulärer Matrices (von Willebrand Faktor und Kollagen), welche nach einem Gefäßschaden Kontakt mit dem Blutstrom bekommen, reversibel inhibiert. Weiterhin wird die thrombozytäre Spreizungs-Fähigkeit, die im Rahmen der Blutstillung eine wichtige Rolle spielt, durch Hypothermie partiell reversibel gehemmt. Die folgenden Phänomene tragen zum Verständnis hypothermie-assoziierter thrombotischer Ereignisse bei: Hypothermie bewirkt im Rahmen der arteriellen Thrombusentstehung eine gesteigerte Bildung von Thrombozytenaggregaten mit erhöhter Stabilität Dies wurde intravitalmikroskopisch in einem Thrombosemodell an Mesenteriatarterien von Mäusen nachgewiesen. Zu erklären ist dies dadurch, dass Hypothermie unter ex vivo Flussbedingungen eine verstärkte Bindung von Thrombozyten an Fibrinogen induziert, welche über den aktivierten GP llb/llla Rezeptor vermittelt wird und ein Zeichen von Thrombozytenaktivlerung ist. Darüber hinaus ist bei Hypothermie die Expression des Thrombozytenaktivierungsmarkers P-Selektin in vivo erhöht. Auch konnten im Rahmen dieses Projektes erstmalig Mechanismen, welche die hypothermie-induzierte Thrombozytenaktivlerung erklären, gefunden werden: Bei Hypothermie ist die Aktivität der ADPase CD39, welche unter physiologischen Bedingungen maßgeblich am intravasalen ADP Metabolismus beteiligt ist, erniedrigt. Dadurch ist bei Hypothermie die Konzentration des Thrombozytenaktivators ADP erhöht, was zu Thrombozytenaktivierung führt. Dieser Mechanismus zeigt weiterhin einen therapeutischen Ansatzpunkt auf, welcher im Rahmen dieses Projektes ebenfalls untersucht wurde: Die pharmakologische Blockade des thrombozytären ADP Rezeptors P2Y12 hemmt hypothermie-induzierte Thrombozytenaktivlerung in vivo. Dies bestätigt einmal die essentielle Rolle des Thrombozytenaktivators ADP in der hypothermie-induzierten Thrombozytenaktivierung und zeigt weiterhin, wie in Zukunft hypothermie-induzierte Thrombozytenaktivierung unter klinischen Bedingungen verhindert werden könnte. Als optimales Pharmakon zur Verhinderung hypothermie-induzierter Thrombozytendysfunktion scheint insbesondere eine kurzwirksame Substanz optimal geeignet, um eine bestmögliche Therapiekontrolle zu erlangen. Auf diese Weise könnten insbesondere während herzchirurgischer Eingriffe mit Anwendung von Hypothermie Blutungs- und thrombembolische Ereignisse vermieden werden.