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Das spätantike Kastell von Vig in Nord-Albanien. Funktion und Kontext

Fachliche Zuordnung Klassische, Provinzialrömische, Christliche und Islamische Archäologie
Alte Geschichte
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 260501976
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das in dem breiten Flusstal des Gjader und der Voma in den nordalbanischen Bergen gelegene und gut erhaltene spätantike Kastell von Vig gehört zu einem weit verbreiteten Kastelltypus der ersten Hälfte des 4. Jhs. n. Chr. Die vorrangigen Ziele des Projektes waren, das Monument vollständig zu dokumentieren und seine Funktion und seinen Kontext zu klären, da ihm bislang nur eine Restaurierungskampagne durch das Albanische Institut für Denkmalpflege im Jahre 1976 gegolten hatte. Der häufig vertretenen Annahme, das Kastell habe die Straße von Lissus (Lezha/Albanien) nach Naissus (Niš/Serbien) gesichert, wurde die Arbeitsthese zur Seite gestellt, das Kastell könnte einen anzunehmenden Erzbergbau in der Region organisiert und geschützt haben. Im Rahmen von drei Ausgrabungskampagnen wurde das Kastell vollständig photogrammetrisch dokumentiert und es konnten geophysikalische Prospektionen und Ausgrabungen durchgeführt und die Zivilsiedlung, der vicus, auf einer Erhebung unmittelbar nördlich des Kastells identifiziert werden. Die Ergebnisse der Prospektionen mittels Geomagnetik, Georadar und Geoelektrik schienen die These von einer funktionalen Verbindung des Kastells mit dem Abbau von Erzen in der Region zu bestätigen: Im Kastell selbst, vor allem aber im vicus deuteten die Messergebnisse Feuerstellen/Öfen sowie Schlackefelder an. Auch konnte in unmittelbarer Umgebung des Kastells Kupferabbau während der kommunistischen Zeit Albaniens nachgewiesen werden. Allerdings bestätigten die zur Überprüfung des geophysikalischen Messergebnisse durchgeführten Ausgrabungen deren Interpretation nicht: Sowohl im Kastell als auch im vicus waren offensichtlich zumeist natürliche Anhäufungen magnetischen Gesteins die Ursache der auffälligen Anomalien im Messbild. Ein montanarchäologischer Survey lieferte zudem keine Hinweise auf einen Altbergbau in der Umgebung des Kastells. Die Ausgrabungen im Innern des Kastells erbrachten wichtige Ergebnisse zur Geschichte des Lagers. In einer Kalkbrenngrube aus der Erbauungszeit, die zur Herstellung des Mörtels für das opus caementitium der Wehrmauern und Türme diente, wurde eine prägefrische Münze des Maximinus Daia (305–313 n. Chr.) gefunden, die zwischen 308 und 311 n. Chr. in Heraclea am Schwarzen Meer geprägt worden war. Die Nutzung der Anlage durch römisches Militär belegen eine dreiflügelige Pfeilspitze und ein Schuppenpanzerfragment. Allerdings ist auffällig, dass innerhalb des Kastells neben diesen vereinzelten Militaria insgesamt nur wenige Funde ans Tageslicht kamen: nur drei Münzen aus dem 1. Drittel des 4. Jhs. und kaum Terra Sigillata. Lediglich Gebrauchskeramik des 4. bis 6. Jhs. n. Chr. konnte häufiger nachgewiesen werden; sie gehört aber überwiegend in die Nachnutzungsphase der Anlage. Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass das Kastell nur für eine kürzere Zeit militärisch genutzt wurde. Die Ausgrabungsergebnisse machen die folgende Erklärung für die Funktion des Kastells von Vig wahrscheinlich: Das castrum liegt in dem breiten und gut passierbaren Flusstal des Gjader, der südöstlich von Scodra, der Hauptstadt der Provinz Praevalitana, aus den Bergen austritt und dann durch die küstennahe Zadrima-Ebene fließt. Da es Sichtkontakt zum Berg Tarabosh unmittelbar bei der Hauptstadt Scodra/Shkodra hatte, konnte es das Nahen feindlicher Verbände dorthin melden. Das offenbar nur kurzzeitig belegte Kastell könnte während des römischen Bürgerkrieges nach der ersten Tetrarchie von Soldaten des Licinius errichtet worden sein, nachdem diese 313 n. Chr. das Heer des Maximinus Daia bei Heraclea besiegt hatten. Der Anlass für die Errichtung des Lagers wäre in diesem Falle das Eindringen konstantinischer Truppenverbände von Süden in das Innere des Balkans gewesen. Im Jahre 316 n. Chr. fand bei Cibalae/Vinkovci (Kroatien) nahe Sirmium/Sremska Mitrovica (Serbien) eine Schlacht zwischen Konstantin (306–337 n. Chr.) und Licinius (308–324 n. Chr.) statt, in deren Folge Licinius das Illyricum aufgeben und sich zurückziehen musste. Wahrscheinlich wurde das Kastell zwischen 313 und 316 n. Chr. errichtet und möglicherweise noch in der 1. Hälfte des 4. Jhs. n. Chr. wieder aufgegeben. Von einer zivilen Nachnutzung des Kastells zeugen spätere Einbauten und die Gebrauchskeramik. Der nahegelegene vicus wurde der gefundenen Terra Sigillata zufolge mindestens bis in das frühe 5. Jh. n. Chr. besiedelt. Vermutlich diente der vicus als Station auf dem Weg nach Scodra/Shkodra bzw. Lissus/Lezha.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2016 Kështjella antike e vonë e Vigut – funksioni dhe konteksti (Raport mbi fushatën e kërkimeve mars-prill 2015), Candavia 6, 2016, 205–216
    Hoxha – Oettel
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3406/iliri.1990.1565)
  • 2018 Vig, Albanien. Die Arbeiten der Jahre 2015 und 2017, e-Forschungsberichte des DAI 2018, 1, 13–19
    Oettel – Hoxha
  • 2019 Vig, Albanien. Grabung im spätantiken Kastell. Die Arbeiten im Frühjahr 2018, e-Forschungsberichte des DAI 2019, 2, 65–69
    Oettel – Hoxha
  • 2020 Vig, Albanien. Das spätantike Kastell und seine Umgebung. Die Arbeiten im Herbst 2018, e-Forschungsberichte des DAI 2020, 1, 65–70
    Oettel – Hoxha
    (Siehe online unter https://doi.org/10.34780/efb.v0i1.1006)
 
 

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