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Mechanismen der Entstehung von mitochondrialen DNA-Deletionen - Die Rolle der linearen mtDNA

Fachliche Zuordnung Molekulare und zelluläre Neurologie und Neuropathologie
Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Förderung Förderung von 2014 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 252501411
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die konstante Aufrechterhaltung eines intakten zirkulären mitochondrialen Genoms ist essentiell für die ausreichende Energieversorgung der Zelle durch die Mitochondrien. Replikationsfehler oder Schädigung der mitochondrialen DNA (mtDNA) können zu DNA-Strangbrüchen führen und dadurch lineare mtDNA-Fragmente erzeugen. Eine Möglichkeit für die Beseitigung solcher beschädigten linearen mtDNA-Moleküle ist die Reparatur mit Hilfe von ähnlichen Prozessen, die im Zellkern bekannt sind. Eine andere Möglichkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass sich in jeder Zelle mehrfache Kopien der mtDNA befinden. Beschädigte mtDNA kann daher abgebaut und durch neue Kopien intakter mtDNA-Moleküle ersetzt werden. Von einigen Enzymen, die aus dem Zellkern bekannt waren, wurde vermutet, eine Rolle im Reparaturprozess zu spielen, aber bisher war nichts darüber bekannt, wie der mtDNA-Abbau funktioniert. Unsere ursprüngliche Beobachtung, dass sich in Zellen von Patienten, die unter einem Mangel der MGME1-Exonuklease leiden, lineare mtDNA-Fragmente anhäufen, hat uns dazu angeregt, die Rolle dieses und anderer Enzyme im Abbauprozess der mtDNA zu untersuchen. Wir haben in menschlichen HEK293-Zellen Kandidaten-Gene durch die Genschere CRISPR–Cas9 inaktiviert oder inaktivierende Mutationen eingefügt, und die veränderten Zelllinien einer mtDNA- Schädigung ausgesetzt. (a) Um die Abbaumaschinerie zu untersuchen, haben wir Zelllinien benutzt, wo wir durch Doxycyclin die Wirkung von in den Mitochondrien exprimierten Restriktionsendonukleasen (mitoEagI und mitoPstI) einschalten konnten, und dadurch in die mtDNA einheitliche Doppelstrangbrüche einfügen konnten. (b) Durch Wasserstoffperoxid haben wir die Zellen oxidativer Schädigung ausgesetzt. (c) Um den oxidativen Stress der Zellen zu minimieren, haben wir sie in eine sauerstoffarme Atmosphäre wachsen lassen. Mit Hilfe von Techniken wie Southern-Blot, Einzelmolekül-PCR und Hochdurchsatzsequenzierung isolierter mtDNA haben wir die folgenden Ergebnisse erhalten. (1) Wir haben drei Schlüsselkomponenten der mtDNA-Abbaumaschinerie identifiziert: die 5‘-3‘-Exonuklease MGME1, die 3‘-5‘-Exonukleasenaktivität der mitochondrialen DNA-Polymerase POLG, und die mitochondriale Helikase TWNK. Interessanterweise spielen alle diese Proteine primär eine wichtige Rolle bei der mtDNA-Replikation. (2) Wir haben gefunden, dass beim laufenden Abbau mtDNA-Enden zu beobachten sind, die direkt an GC-Strecken liegen. Das deutet darauf hin, dass der Abbauprozess an solchen Stellen temporär anhält. (3) Als Konsequenz akuter oxidativen Schädigung entstehen eine erhebliche Menge von Doppelstrangbrüchen der mtDNA, deren Enden sich den Enden im Abbauprozess ähneln. Intakte kreisförmige supercoiled-mtDNA wird im Wildtyp-Zellen innerhalb von 4 bis 6 Stunden regeneriert, nicht aber in MGME1- oder LIG3-Konckout-Zellen, oder in Zellen mit der mutierten POLG-Polymerase ohne Exonukleasenaktivität. (4) Bei Sauerstoffmangel nimmt die Kopienzahl der mtDNA deutlich ab, gesteuert unter anderem durch die Transkriptionsfaktor HIF1A. Während dieses Prozesses ist eine erhöhte Expression der MGME1-Exonuklease zu beobachten. Zellen mit MGME1-Defizit zeigen eine abgeschwächte Kopienzahlabnahme, ein Hinweis für die Rolle von MGME1 bei dem Hypoxie-induzierten mtDNA Abbau. Insgesamt beleuchten unsere Ergebnisse den Abbauprozess der mtDNA als ein wichtiger neuer Aspekt der mitochondrialen Qualitätskontrolle. Die Methoden und die zellulären Modellsysteme, die wir im Laufe unseres Projektes entwickelt haben, werden als Grundlage für unsere zukünftige Forschung über das Wechselspiel zwischen Reparatur und Abbau des mitochondrialen Genoms dienen. Kenntnisse über diese Prozesse sind unerlässlich um Krankheitsmechanismen zu verstehen, die mit Störungen der mtDNA verbunden sind, und ebenso für die Optimierung von neuartigen Gentherapietechniken, die auf einer gezielten Spaltung und nachfolgendem Abbau von mutierter mtDNA basieren.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2018) Is There Still Any Role for Oxidative Stress in Mitochondrial DNA-Dependent Aging? Genes (Basel) 9:175
    Zsurka G, Peeva V, Kotlyar A, Kunz WS
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3390/genes9040175)
  • (2018) Linear mitochondrial DNA is rapidly degraded by components of the replication machinery. Nat Commun 9:1727
    Peeva V, Blei D, Trombly G, Corsi S, Szukszto MJ, Rebelo-Guiomar P, Gammage PA, Kudin AP, Becker C, Altmüller J, Minczuk M, Zsurka G, Kunz WS
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41467-018-04131-w)
  • (2019) Distinct segregation of the pathogenic m.5667G>A mitochondrial tRNA-Asn mutation in extraocular and skeletal muscle in chronic progressive external ophthalmoplegia. Neuromuscul Disord 29:358–367
    Schlapakow E, Peeva V, Zsurka G, Jeub M, Wabbels B, Kornblum C, Kunz WS
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.nmd.2019.02.009)
  • (2019) Replication fork rescue in mammalian mitochondria. Sci Rep 9:8785
    Torregrosa-Muñumer R, Hangas A, Goffart S, Blei D, Zsurka G, Griffith J, Kunz WS, Pohjoismäki JLO
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41598-019-45244-6)
  • (2021) Molecular and functional effects of loss of cytochrome c oxidase subunit 8A. Biochemistry (Mosc) 86:33–43
    Rotko D, Kudin AP, Zsurka G, Kulawiak B, Szewczyk A, Kunz WS
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1134/s0006297921010041)
 
 

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