Detailseite
Projekt Druckansicht

Die Hartlaubs. Zeitwahrnehmung und Ästhetik im frühen 20. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung Förderung von 2014 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 250830442
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt hat die Netzwerke eines Familien- und Freundeskreises untersucht, der für die Kultur- und Zeitgeschichte der Weimarer Republik, des sogenannten Dritten Reichs und der frühen Nachkriegsjahre nach 1945 von großer Bedeutung war: die Familie Hartlaub, die den Kunsthistoriker Gustav Friedrich Hartlaub (1884-1963), seine literarisch ambitionierte Frau Félicie Hartlaub (1881-1930), sowie die beiden schriftstellerisch hervortretenden Kinder Felix (1913-1945) und Geno (1915-2007) umfasste. Erstmals konnte nachgewiesen werden, wie produktiv der diskursive Abgleich der in diesem Kreis ausgebildeten Sichtweisen auf die Zeitgeschichte für die unterschiedlichsten kulturellen und literarischen Projekte war. Es hat sich erweisen lassen, dass die intensive Einlassung nicht nur auf die kulturelle, sondern auch auf die politische Geschichte des 20. Jahrhunderts ein verbindendes Element in diesem um Freunde erweiterten Familienverband darstellte. Die Interdependenz des hier wissenschaftlich und literarisch Erarbeiteten hat es nahegelegt, diesen Familien- und Freundeskreis als eine paradigmatische Miniaturkonstellation zu untersuchen, die sich für ideengeschichtliche Einflüsse von außen – bedingt schon durch die Tätigkeit Gustav Friedrich Hartlaubs als Direktor der Kunsthalle Mannheim, bedingt aber auch durch bedeutende Freunde, wie insbesondere den Psychiater Ludwig Binswanger, den Volkskundler Wilhelm Fraenger und den Rechtsphilosophen Gustav Radbruch – jederzeit offen zeigte und diese Einflüsse mit Blick auf die zeitgeschichtlichen Herausforderungen in ebenso produktiver wie sich kritisch gegen die Diskurse des Tages wendender Weise verarbeitete und damit in Gesprächskreisen und literarischen Zirkeln (wie z. B. den Darmstädter Gesprächen oder dem Marianne-Weber-Kreis) auch Wirkungen entfaltete. Um diese Konstellationen erstmals beschreiben zu können, hat das Projekt in außergewöhnlichem Umfang Archivmaterialien aus in- und ausländischen Archiven ausgewertet, die bis dahin unpubliziert und unerforscht waren. Die große Öffentlichkeitsresonanz in der Tagespresse auf einen Teil der aus dem Projekt hervorgehenden Untersuchungen sowie die wissenschaftlichen Ergebnisse einer interdisziplinären Tagung, die das Projekt im Deutschen Literaturarchiv in Marbach initiiert hat, deuten darauf hin, dass unter den vielerlei denkbaren Folgeuntersuchungen, die die Ergebnisse des Projekts nach sich ziehen könnten, eine kommentierte, kritische Edition des bislang nur in Auszügen bekannten Briefwerks von Felix Hartlaub aus den Jahren 1926 bis 1939 das dringlichste Desiderat darstellt, da dieses Briefwerk die kontinuierlichste und interessanteste, bisher aber nur in verfälschter Form bekannte ‚Stimme‘ aus den untersuchten Netzwerken der Hartlaubs wiedergibt. Diese Briefe dokumentieren nämlich auf die aufschlussreichste Weise entscheidende Entwicklungen der späteren Weimarer Republik, der Umbruchsjahre um 1933 sowie der Jahre 1934 bis 1939 in der Reichshauptstadt Berlin unter dem Einfluss des Nationalsozialismus.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Felix Hartlaub. Aus Hitlers Berlin 1934-1938. Berlin 2014 (Edition der Handschrift, editorische Notiz, Anmerkungen, Nachwort)
    Harald Tausch, Nikola Herweg (Hg.); Felix Hartlaub
  • Die Traumprotokolle aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Aus dem Manuskript ediert und kommentiert von Harald Tausch. In: Jahrbuch zur Kultur und Literatur der Weimarer Republik 18 (2017), S. 9-18
    Harald Tausch (Hg.); Félicie Hartlaub
  • Félicie Hartlaubs Traumprotokolle aus dem Ersten Weltkrieg und die Beschäftigung mit dem Traum im Kreis ihrer Familie. In: Jahrbuch zur Kultur und Literatur der Weimarer Republik 18 (2017), S. 19-53
    Harald Tausch
  • Subversiver Humor als lakonische Antwort auf die Realität des absolut Bösen. Felix Hartlaubs Schreibverfahren im Dritten Reich. In: Gerald Hartung, Markus Kleinert (Hg.): Humor und Religiosität in der Moderne. Berlin 2017, S. 195-230
    Harald Tausch
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-658-12122-8_13)
  • „In Neapel war ich sehr von der eigentlichen Ohnmacht der Kunst vor dem Leben überzeugt“. Felix Hartlaub. Briefe an die Familie aus Italien 1933. In: Sinn und Form 69 (2017), Heft 3, S. 293-317
    Harald Tausch (zusammen mit Nikola Herweg)
  • Kunstschriftsteller. Eine Begriffsgeschicht. In: Stéphanie Marchal (Hg.): „Kunstschriftsteller. Eine Begriffsgeschichte“. Akten der Tagung an der Ruhr-Universität Bochum, Juni 2016. München 2020. S: 67-88
    Harald Tausch
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung