Während der Projektlaufzeit wurden große Fortschritte in der quantenchemischen Behandlung komplexer ionischer Systeme gemacht. Dabei wurden die gängigen Methoden in der Computer‐ chemie auf die Anwendbarkeit bei der Untersuchung ionischer Systeme begutachtet und dabei wichtige Erkenntnisse gewonnen. Die Berechnung der Ladungsverteilung in komplizierten ionischen Systemen gab Aufschluss über mögliche Koordinationsstellen und zeigte unerwartete Ladungsverteilungen, z.B. in dem Anion Bis(trifluoromethylsulfonyl)imid. Die Geometrien der Kontaktstellen deuteten dabei oftmals auf schwach‐ bis normalstarke Wasserstoffbrücken hin. Die großen Ionen zeigen je nach Anordnung zueinander große Energieunterschiede, wodurch die Analyse erheblich erschwert wird, da ein großer Konfigurationsraum beachtet werden muss. Studien stark assoziierter komplizierter Flüssigkeiten zeigten, dass kooperative Effekte, wie sie z.B. in Wasser auftreten (die H‐Brückenbindungsenergie ist bei zwei Molekülen viel kleiner als bei mehr als fünf), sehr groß werden können und Beachtung finden müssen in den Analysen. Trotz des großen Ladungsunterschiedes der ionischen Systeme fanden wir einen unerwartet hohen Einfluss der Dispersionswechselwirkungen (die Anziehungskraft zwischen induzierten Dipolen) auf die Ergebnisse der Berechnung dieser großen und oft wasserabweisenden Systeme. In „normalen“ Salzen wie Kochsalz treten Dispersionswechselwirkungen oder Wasserstoffbrücken nicht auf. Wir konnten zeigen, dass die etwas rechenzeitintensiveren dispersionskorrigierten Dichtefunktionale gut mit aufwendigen korrelierten Methoden übereinstimmen und bei ionischen Flüssigkeiten (iF) Anwendung finden sollten. Dichtefunktionaltheorie wird aufgrund der geringeren Rechenzeit standardmäßig zur Berechnung großer Systeme benutzt, beschreibt allerdings Elektronen‐ korrelationseffekte, wie Dispersion, ohne neuerdings implementierte Korrekturterme nicht. Je nach Natur der ionischen Spezies und der funktionellen Gruppen im Molekül bilden sich unterschiedliche Wechselwirkungen zu der Umgebung der Ionen aus. Aus diesem Grund müssen die spezifischen Gruppen unterschiedlich untersucht werden. So fügen geladene Bereiche in Wasser gelöster komplizierter Ionen, sich in das H‐Brückennetzwerk ein, während ungeladene wasserabweisende Bereiche die Solvenshülle aufweiten. Daraus resultiert, dass in den Bereichen, die in das Netzwerk eingebunden sind, die Solvenshülle besser beschrieben werden muss. Gerade die korrekte Beschreibung von H‐Brücken und daraus resultierenden Wechselwirkungen in diesen Systemen stellte sich mit den üblichen Methoden kompliziert dar und forderte neue bzw. erweiterte Ansätze für deren Beschreibung, die wir in unserer Gruppe entwickeln konnten. So zeigten wir, dass es oft nicht ausreicht nur geometrische Kriterien (Standard), wie Abstand und Bindungswinkel zu betrachten, sondern zusätzlich wellenfunktionsbasierte Analysen angewandt werden sollten, da sich sonst ein falsches Bild über die Anzahl und Stärke der H‐Brücken ergeben kann. Wir fanden heraus, dass in imidazoliumbasierten iF ein empfindliches Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Wechselwirkungen herrscht, welches das makroskopische Verhalten der Flüssigkeit entscheidend beeinflussen kann. Daher müssen auf dem Weg zu einstellbaren makroskopischen Eigenschaften diese molekularen Wechselwirkungen genau berechnet und verstanden werden. Die Berechnung der Partialladungen in Molekülen ist noch immer schwierig und gibt meist nur ein relatives Bild ab. Braucht man Ladungen um zum Beispiel klassische MD Simulationen durchzuführen, so hat die genutzte Analysemethode einen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis. Es zeigt sich, dass es wichtig ist für jedes Problem die richtige Methode zu wählen. Wellenfunktionsbasierte Ladungsanalysen zeigen Unzulänglichkeiten in klassischer MD, während sie gute Ergebnisse in statischen Rechnungen liefern. Wir trugen viel zur Untersuchung der Ladungsverteilung in den unterschiedlichsten Ionen bei und zeigten welchen Einfluss die unterschiedliche Behandlung der Solvenshülle haben kann. Durch die Berechnung mikroskopischer Eigenschaften konnten Phänomene wie die ungewöhnlich guten Lösungseigenschaften oder der niedrige Schmelzpunkt von ionischen Flüssigkeiten plausibel gemacht werden und Veränderungen im H‐Brückennetzwerk aufzeigen wenn diese in Wasser gelöst werden.