Die historisch-systematischen Erträge des Forschungsprojekts werden in der angesprochenen Publikation samt weiterführender Perspektiven ausführlich dargestellt. Dabei wird deutlich, dass von einer kontinuierlichen Entwicklung der Disziplin, etwa im Sinne eines systematischen Auf- und Ausbaus, nicht gesprochen werden kann. Stattdessen ist zu beobachten, dass es mehrfach zu weitreichenden Revisionen, Korrekturen und Reformbemühungen bis hin zum ausdrücklichen Widerruf früherer Wissenschaftsprogramme kam. Ein solcher Widerruf traf in erster Linie das erste religionspädagogische Wissenschaftsprogramm des 20. Jahrhunderts, das bereits in der Vorgängeruntersuchung als „Moderne Religionspädagogik“ rekonstruiert wurde. Genauso betroffen war später aber auch der Versuch, an dessen Stelle die „Evangelische Unterweisung“ oder die „materialkerygmatische Katechetik“ zu etablieren. Auch diese Programme konnten offenbar den Herausforderungen in der neuen Bundesrepublik nicht standhalten. Die seit den 1960er Jahren zu konstatierende Wiederkehr oder Renaissance der Religionspädagogik, wie sie nun wieder genannt wurde, vollzog sich gerade nicht in einem Rückgriff auf die „moderne Religionspädagogik“ des frühen 20. Jahrhunderts. Die erneuerte Religionspädagogik muss in beiden Konfessionen insofern als eine „Neuerfindung“ bezeichnet werden, als sie ihre Grundlagen und Begründungsmöglichkeiten allein in der damaligen zeitgenössischen Diskussionslage zu finden suchte. So gesehen ist diese Religionspädagogik ein Kind der 1960er und 1970er Jahre. Dennoch nicht zu übersehen sind zahlreiche Kontinuitäten zwischen den „modernen Religionspädagogik“ und der Religionspädagogik, wie sie in den 1960er Jahren ausgebildet wurde. In dieser Hinsicht führt das Projekt über die damalige Selbstwahrnehmung und Selbstpräsentation deutlich hinaus und bietet weiterführende Interpretationsperspektiven. Zu den beiden grundlegenden Umstellungen, die gleichsam als Wasserscheiden in der Entwicklung von Religionspädagogik im 20. Jahrhundert anzusprechen sind, kommen noch zahlreiche kleinere und größere Veränderungen, die die gesamte Entwicklung der Religionspädagogik begleiten und in der vorliegenden Untersuchung aufgezeigt werden. Leitend bei der Darstellung waren die Fragen, wie sich solche Umbrüche erklären lassen und was zu dem ausgesprochen diskontinuierlichen Verlauf der religionspädagogischen Wissenschaftsgeschichte im 20. Jahrhundert geführt hat. Ebenfalls untersucht wurden Fragen, die das Wissenschaftsverständnis der Religionspädagogik betreffen. Auch für die Religionspädagogik gilt die aus der wissenschaftstheoretischen Diskussion bekannte Feststellung, dass kein allgemeines Verständnis von Wissenschaft oder Wissenschaftlichkeit verfügbar ist, das der Untersuchung oder Darstellung einer Disziplin gleichsam in deduktiver Weise unterlegt werden könnte. Im Rückblick ist in der Tat an erster Stelle zu konstatieren, dass die untersuchten Zeitschriftendiskurse sehr unterschiedliche Auffassungen von Wissenschaft belegen. Dabei versuchten vor allem die „moderne Religionspädagogik“ sowie die sich seit den 1960er Jahren neu konstituierende Religionspädagogik, Anschluss an den allgemeinen Wissenschaftsbetrieb über die Theologie hinaus zu gewinnen und sich in diesen einzubringen. Fragestellungen, aber auch wissenschaftliche Methoden und Lösungsmodelle werden zu diesen beiden Zeiten immer wieder auch aus anderen Disziplinen übernommen, vorzugsweise aus den Sozialwissenschaften sowie aus der Erziehungswissenschaft, aber auch im Kontakt mit jeweils neuen Entwicklungen in anderen theologischen Disziplinen, etwa der Exegese in ihrer religionsgeschichtlichen und historisch-kritischen oder hermeneutischen Ausrichtung. Durch die Erhellung der verschiedenen Transformationsprozesse trägt das abgeschlossene Forschungsprojekt zur wissenschaftstheoretischen Selbstverständigung und Selbstklärung der Religionspädagogik bei und zeigt weiterführende Perspektiven für die Zukunft in Theorie und Praxis auf.