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Einbetten, Aufklappen, Anhängen. Mimesis des Hybridobjekts.
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professorin Dr. Helga Lutz; Professor Dr. Bernhard Siegert
Fachliche Zuordnung
Theater- und Medienwissenschaften
Kunstgeschichte
Kunstgeschichte
Förderung
Förderung von 2013 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 213948042
Die AntragstellerInnen nutzen die Erkenntnisse, die sie während des Berichtszeitraums über die medialen Prozesse gewonnen haben, die zur Emergenz exzessiver Trompe-l'oeils und hybrider Verschränkungen von Bildgründen und Bildgegenständen in der spätmittelalterlichen Buchmalerei und im frühen Stillleben geführt haben, um das Konzept der "exzessiven Mimesis" in das Konzept einer "Mimesis des Hybridobjekts" zu überführen. Um dies zu erreichen, schließt das TP an Theorien aus dem Umkreis der STS, der ANT, der Post-ANT und des agentiellen Realismus an, denen gemeinsam ist, dass sie starre Ontologien infrage stellen und an die Stelle der Unterscheidung zwischen aktiven Subjekten und passiven Objekten die Konzepte der hybrid collectives und des agencements haben treten lassen. Anders aber als in den genannten Theorien richtet sich das Interesse des TP konkret auf Formen einer Mimesis, die darstellt, indem sie einbettet, verkettet und attachiert. Die mimetische Darstellung ist dabei nicht auf die Schaffung von Fiktionen aus, sondern auf die Produktion von faitiches (Latour), auf die Erzeugung hybrider Realitäten. Mit dem Konzept des faitiche wendet das TP einen wesentlichen Aspekt der Mimesiskritik der Moderne (den Antifetischismus) produktiv in sein Gegenteil, der während des Berichtzeitraums noch weitgehend aus der Betrachtung ausgeschlossen geblieben war. Das Arbeitsprogramm des TP sieht die Untersuchung von drei Objekttypen vor, deren Untersuchung jeweils einen anderen Aspekt von Hybridobjekten akzentuieren wird: Intarsien, Scharniermedien und Quasi-Objekte. Mit dem Thema der frühen Intarsien greift das TP eine radikalisierte Form des Trompe-l'oeils auf. Im Fall der tarsie prospettiche durchbricht die Darstellung nicht nur die Grenze zwischen imaginärem und realem Raum, die Darstellung ist vielmehr komplett in die Realität eingelassen. Scharniermedien (u.a. Diptychen, Türen, Masken und japanische Wandschirme) prozessieren Übergängigkeiten zwischen der Sphäre des Profanen und des Sakralen, zwischen Darstellung und Dargestelltem, "Denkakten" und "Medienakten" und setzen damit Zonen vermischter Realitäten in Kraft. Mit Quasi-Objekten wie tragbaren Miniaturreliquiaren oder Medaillons thematisiert das TP schließlich den Aspekt der gegenseitigen Bindung von natürlichen und politischen Körpern durch sakralisierte faitiches. In diesem Zusammenhang wird der Begriff des attachements (Hennion) wichtig, der das Anhängen von Subjekten an Objekte und umgekehrt bezeichnet. Quasi-Objekte sind materialisierte Übertragungsketten, durch die Reliquien, Bilder und Körper sich gegenseitig besitzen.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen
Teilprojekt zu
FOR 1867:
Geschichte und Theorie mimetischer Praktiken