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Zwangsmigration und Holocaust. Jüdische Flüchtlinge in Westeuropa 1938-1942
Antragsteller
Professor Dr. Ahlrich Meyer
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2006 bis 2007
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 22507241
Ziel des Vorhabens ist die Erforschung des Fluchtverhaltens der von Verfolgung und Deportation bedrohten Juden aus dem deutschen Reichsgebiet, den Niederlanden, Belgien und Frankreich zwischen 1938 und 1942. Untersucht werden individuelle, außerhalb von organisierten Hilfs- oder Widerstandsstrukturen entwickelte ¿Überlebensstrategien¿ angesichts der restriktiven Flüchtlingspolitik der Aufnahmestaaten und der Vernichtungspraxis des NS-Regimes. Dazu sollen folgende historische Felder exemplarisch beleuchtet werden. Es lassen sich drei große Fluchtwellen unterscheiden: im Herbst/Winter 1938/39, ausgelöst durch die Annexion Österreichs und das Novemberpogrom; nach der deutschen Besetzung der Niederlande, Belgiens und Frankreichs im Jahr 1940; und ab Sommer 1942 mit Beginn der Massendeportationen aus Westeuropa nach Auschwitz. Dem entspricht eine Geographie der grenzüberschreitenden Fluchten, die das deutsch-belgische Grenzgebiet (1938/39), Belgien als Transitland (1940-42) und die französischen Demarkationslinie (1942) als letztes Fluchthindernis umfasst. Die Durchführung von Fluchten über größere Distanzen und Grenzen hinweg setzte verschiedene illegale Praktiken (Passfälschungen, klandestine Grenzübertritte usw.) und oftmals die Inanspruchnahme kommerzieller ¿Schlepper¿ und Fluchthilfeunternehmen voraus. Auf der anderen Seite waren zahlreiche Organe ¿ insbesondere deutsche Zoll- und Grenzschutzstellen ¿ an der Festnahme der Flüchtlinge beteiligt, die anschließend deportiert wurden. Da die Zahlen der Opfer der ¿Endlösung¿ in den drei westeuropäischen Ländern unterschiedlich hoch waren (Frankreich etwa 25%, Belgien 44%, Niederlande 75% der jüdischen Gesamtbevölkerung), müssen gelungene Fluchten in das bis Ende 1942 unbesetzte französische Gebiet als ein entscheidender Faktor des Überlebens angesehen werden. Trotzdem ist diese Themenstellung von der Holocaust-Forschung bisher kaum beachtet worden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen