Gezielte Formgebung von Zylinderlaufflächen durch Freiformhonen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im geförderten Forschungszeitraum wurde am IWF ein piezohydraulisches Formhonwerkzeug konstruiert, aufgebaut und hinsichtlich der Anwendungseigenschaften untersucht. Die konstruktive Auslegung des Systems wurde durch Berechnungen zur möglichen Kraft-/Druckübertragung gestützt, welche auf einem Modellversuchsstand validiert wurden. Die erreichbare Stelldynamik des Systems kann als sehr gut bewertet werden, da durch die feste Anbindung des Piezoaktors an die Eingangsseite des hydraulischen Systems der Rückhub der Honleiste aktiv erfolgt und nicht durch Verwendung von Federn. Durch die hohe Dynamik des Systems konnten beim Formhonen keine drehrichtungsabhängigen Formausprägungsanteile wie bei anderen Formhonsystemen festgestellt werden. Hierdurch kann die Bearbeitung komplett in einer Drehrichtung erfolgen, was insbesondere bei thermisch gespritzten Schichten vorteilhaft sein kann. Als Übertragungsmedien wurden ein Standard-Hydrauliköl (HLP46), Glycerin und ein fluorbasiertes Öl für Vakuumpumpen (Solvay Fomblin Y25) untersucht. Die Kompressibilität der Flüssigkeiten wurde auf einem Laborversuchsstand unter Nutzung des Debye-Sears-Effekts ermittelt. Als Medium mit der geringsten Kompressibilität wurde Glycerin identifiziert, weshalb dieses auch für die weiteren Versuche verwendet wurde. Mit dem aufgebauten Formhonwerkzeug wurden unter Verwendung von zwei der vier möglichen Honleisten-Aktor-Paare Experimente an vorgehonten Graugusslinern mit einem Durchmesser von 94 mm durchgeführt. Im ersten Schritt wurde der Einfluss von Stützleisten aus gehärteten Kaltarbeitsstahl (mit und ohne DLC-Beschichtung) und Vollhartmetall auf die Oberfläche der Graugussliner bei verschiedenen Anpressdrücken untersucht. Der unbeschichtete Kaltarbeitsstahl erwies sich aufgrund von Aufschweißungen von Graugusspartikeln als gänzlich ungeeignet. Die DLC-Beschichtung lieferte die besten Ergebnisse hinsichtlich der Oberflächenbeeinflussung, erwies sich aber mit der Beanspruchung durch aus der Bindung gelöste Diamantschneidkörnern als nicht standfest genug, weshalb für die Formhonexperimente Vollhartmetall bei den Führungsleisten verwendet wurde. Im weiteren Verlauf wurden Versuche mit verschiedenen Honleistenanpressdrücken durchgeführt. Die antragsgemäß umgesetzten Honleistenanpressdrücke entsprechen zwar einer konventionellen Honbearbeitung, jedoch musste durch die im Vergleich zum konventionellen Honen etwa um den Faktor 20 kleinere Honleistenfläche die Bearbeitungszeit etwa im gleichen Verhältnis vergrößert werden. Das System bietet allerdings das Potenzial, durch die Verwendung von mehr Honleisten und einer Steigerung der erzielbaren Kraftamplitude durchaus in den Bereich industriell relevanter Taktzeiten zu gelangen. Die Formhonversuche wurden ohne ein iteratives „Einfahren“ der Form durchgeführt. Hierbei zeigte sich, dass sich auch geringe Winkel- und Positionierungenauigkeiten des Werkstücks und Werkzeugs deutlich auf die erzielte Form auswirken. Da ein iterativer Einfahrprozess nur den systematischen Anteil dieser Fehler ausgleichen kann, wurde zur weiteren Prozessoptimierung eine Regelung für einen kraftgeführten Formhonprozess aufgebaut und getestet, welche als Führungsgröße den Honleistenanpressdrucks benutzt, der durch eine Insitu-Messung des Innendrucks im hydraulischen Übertragungsmedium berechnet wird. Durch die Kraftregelung konnte die Formgenauigkeit im Vergleich zur gesteuerten Prozessführung deutlich verbessert werden, da die vorhandenen Positionier- und Winkelfehler effektiv ausgeglichen werden konnten.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- „Bearbeitungsstrategien beim Formhonen von Zylinderkurbelgehäusen“; In: Hoffmeister, Hans-Werner; Denkena, Berend, Jahrbuch Schleifen, Honen, Läppen und Polieren, 66. Ausgabe, Vulkan-Verlag, 2013
Dröder, K.; Hoffmeister, H.-W.; Schweig, F.; Große, T.; Spitznagel, T.; Wiens, A.; Flores, G.
- Formhonen mit piezo-hydraulischem Honwerkzeug”, Dissertation, TU Braunschweig, Vulkan-Verlag, Essen, 2016
Große, T.
- „Aufbau eines hydraulisch übersetzten Formhonwerkzeugs“; In: Hoffmeister, Hans-Werner; Denkena, Berend, Jahrbuch Schleifen, Honen, Läppen und Polieren, 67. Ausgabe, Vulkan-Verlag, 2016
Dröder, K.; Hoffmeister, H.-W.; Große, T.; Baron, S.; Fricke, A.
- “Force Controlled form honing using a piezo-hydraulic form honing system“, CIRP Annals Manufacturing Technology, Volume 66, Issue 1, 2017
Dröder, K.; Hoffmeister, H.-W.; Große, T.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.cirp.2017.04.091)