Dynamik von Lichtbogenansätzen an bewegten Elektroden unter Metalldampfeinfluss
Final Report Abstract
Im Rahmen des Forschungsvorhabens „Dynamik von Lichtbogenansätzen an bewegten Elektroden unter Metalldampfeinfluss“ wurden die Elektrodenansätze von Hochstromlichtbögen unter Atmosphärendruck sowohl experimentell als auch nummerisch untersucht. Von besonderem Interesse war hierbei der Einfluss der Elektrodenparameter (z.B. Oberflächenstruktur und Material) auf den bewegten Anodenansatz. Außerdem wurde ein MHD-Lichtbogenmodell basierend auf einer Nichtgleichgewichtsbeschreibung des Bogenplasmas entwickelt und mit Hilfe von experimentellen Untersuchungen validiert. Zur Erzeugung diverser Oberflächenstrukturen wurden Anodenproben aus verschieden Materialen (Kupfer, Aluminium und Baustahl) mit unterschiedlichen Körnungen sandgestrahlt. Die feldverstärkende Wirkung der somit entstanden Mikrospitzen konnte anhand von Spannungsmessungen nachgewiesen werden. Zur Quantifizierung des Einflusses wurde eine Methode zur Bestimmung des feldverstärkenden Faktors β entwickelt. Dabei wurden die Spitzen als ideale Dreiecke approximiert und das elektrische Feld in deren Umgebung mit Hilfe einer FEM-Software simuliert. Basierend auf einer modifizierten Form des Child-Langmuir Gesetztes konnte ein physikalisches Model, das die quantitative Beschreibung der feldverstärkenden Wirkung auf die Anodenfallspannung ermöglicht, entwickelt werden. Die für das Modell erforderliche Unabhängigkeit der Kathodenfallspannung und der Säulenspannung von der Anodenstruktur wurde mit Hilfe von pyrometrischen Messungen der Kathodentemperatur und von Messungen der Summe der Fallspannungen nachgewiesen. Außerdem wurde das Modell anhand von Plasmapotentialmessungen mittels einer Langmuir-Sonde validiert. Die Ergebnisse der Sondenmessungen bestätigten beispielsweise die Annahme einer negativen Anodenfallspannung, was sowohl für das Modell zur Berechnung der Anodenfallspannung als auch für das MHD- Lichtbogenmodell vorausgesetzt wurde. Die Untersuchungen zeigen, dass unabhängig von Anodenmaterial und Schutzgaszusammensetzung der Betrag der Anodenfallspannung mit steigender Feldverstärkung sinkt und die Lichtbogenspannung aufgrund des negativen Vorzeichens folglich steigt. Dieses Verhalten ist auf die großen Temperaturund Elektronendichtegradienten in der Anodengrenzschicht zurückzuführen. Es wird vermutet, dass der durch die Gradienten hervorgerufen Stromfluss größer ist als der geprägte Prozessstrom und dieser deshalb durch eine negative Anodenfallspannung begrenzt werden muss. Bei der Verwendung von Baustahl oder Aluminium ist der Einfluss der Oberflächenstruktur nur noch schwach ausgeprägt, da aufgrund der im Vergleich zu Kupfer geringeren Wärmeleitfähigkeit die Oberfläche aufschmilzt und folglich die Mikrospitzen zerstört werden. Das im Rahmen dieser Arbeit entwickelte MHD-Modell umfasst neben der Bogensäule sowohl die Kathoden- als auch die Anodenrandschicht und stellt somit eine ganzheitliche Beschreibung des Lichtbogens dar. Aufgrund der Nichtgleichgewichtsannahme des Bogenplasmas ist dieser Ansatz auch in den Relaxationsschichten der Bogenansätze gültig und wird mit vereinfachten Modellen der Raumladungsschicht inklusive Energie- und Strombilanzen gekoppelt. Letztere lassen sich mit linearen Gleichungen formulieren und in eine numerische Simulation des Gesamtgebietes aus Bogen und Elektrodenteilen gut integrieren. Die Vorgabe von Randbedingungen (Temperaturen, Stromdichte, Ar- Fluss) nur an den Außenkanten des Lösungsgebietes gestattet schließlich eine numerische Gesamtlösung zur Ermittlung der Eigenschaften der Gas- und Elektrodenbereiche. Zur Validierung des Modells wurden spektroskopische Messungen zur Bestimmung der Plasmatemperaturen und pyrometrische Messungen zur Bestimmung der Kathodentemperaturen durchgeführt. Außerdem wurde die Lichtbogenspannung gemessen und mit simulierten Werten verglichen. Bezüglich der Plasmatemperaturen und der Lichtbogenspannung konnte eine gute Übereinstimmung, im Fall der Kathodentemperaturen eine befriedigende Übereinstimmung festgestellt werden. Das Nichtgleichgewichts-MHD-Modell wurde schließlich auf die Beschreibung dreidimensionaler Konfigurationen erweitert und erlaubt damit auch die Untersuchung bewegter WIG-Bögen. Anwendungsgrenzen des Modells bestehen insbesondere durch die Einschränkung auf reines Argon und die bisher nicht mögliche konsistente Berücksichtigung von Metalldampf. Deshalb wird der Aufbau von Nichtgleichgewichtsmodellen u.a. für Eisen-Argon oder Wolfram-Argon Mischungen Gegenstand zukünftiger Arbeiten sein. Diese Arbeiten sind Voraussetzung für eine Beschreibung des WIG- Schweißprozesses von Stahl und der Verdampfungsprozesse an der Wolfram-Kathode bis hin zur Übertragung des Modellansatzes auf MSG-Lichtbögen. Ein wichtiger zukünftiger Untersuchungsgegenstand wird zudem die Berücksichtigung von Feldverstärkungen und damit von Oberflächenstrukturen auf den Elektroden im Nichtgleichgewichtsmodell sein, um die im Experiment gefundenen Einflüsse auf den Anodenansatz und die Ausbildung der Anodenfallspannung auch im Lichtbogenmodell wiedergeben und erklären zu können.
Publications
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