Die Rekonstruktion von Raumkonzepten steinzeitlicher Wildbeuter, die über rein ökonomische Aspekte hinausgehen, erfordert eine außergewöhnlich hohe Datendichte. Diese Dichte bieten die Fundregionen des Mittleren Magdalénien (18.000 – 16.500 calBP) im Südwesten Frankreichs. Das materielle Kulturgut dieser Wildbeuter ist facettenreich und reicht vom Steinartefakt bis zum Höhlenbild. Bisherige Forschungen zum Beziehungsgeflecht dieser Wildbeutergemeinschaften hatten die Adaption dieser Netzwerke an sich ändernde Umweltfaktoren und wechselnde Populationsdynamik im Fokus. Der Versuch, ausgehend von einer einzigen, fundreichen Fundstelle das individuelle Raumkonzept zu rekonstruieren, wurde in dem Forschungsprojekt erstmalig durchgeführt. Hierzu standen die beiden Höhlen Enlène und Les Trois-Frères zur Verfügung. Als Ergebnis konnte von Enlène ausgehend sowohl ein lokales als auch ein supra-band Informationsnetzwerk rekonstruiert werden. Das lokale Netzwerk umfasst einen Streifen in den zentralen Pyrenäen mit einer Fläche von rund 8.000 km². Innerhalb dieser Fläche dokumentieren die mobilen Kunstobjekte den Austausch lokaler Informationen. Eingefasst werden die zentralen Pyrenäen von zwei Regionen mit niedriger Kongruenz zu den mobilen Kunstobjekten aus Enlène. Grundsätzlich wird eine Korrelation zwischen zunehmender Distanz von Enlène als Ausgangspunkt der Information und abnehmender Kongruenz der mobilen Kunstobjekte als Informationsträger erkennbar. Jenseits der Regionen mit niedriger Kongruenz existieren in über 200 km Distanz mit der Dordogne und dem Landes zwei Regionen mit hoher Kongruenz unter den mobilen Kunstobjekten. Interessanterweise stammen aus diesen Regionen über 60% der Gesteine in Enlène, aber auch den anderen Fundstellen der zentralen Pyrenäen. Dieses Muster wird als Hinweis auf supra-band Netzwerke interpretiert, die ein wichtiger Bestandteil der Lebensstrategie der Wildbeuter der zentralen Pyrenäen sind. Die Kontakte zwischen den Regionen werden durch Netzwerkmobilität aufrechterhalten. Die neu gewonnenen Ergebnisse passen sehr gut zur notwendigen Neubewertung der großen Fundstellen des Mittleren Magdalénien wie Mas d’Azil, Isturitz oder eben Enlène, die traditionell als Ort der Zusammenkunft verstanden wurden. Die Wiederaufnahme der Untersuchung in Isturitz aber auch in Enlène haben gezeigt, dass hier viele Aufenthalte zusammenkommen, die in einzelne Ereignisse aufgelöst, überschaubare, klar abgrenzbare Aktivitäten wiedergeben.