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Das Notaufnahmelager Gießen. Eine deutsche Institutionen- und Erfahrungsgeschichte zwischen 1946 und 1990

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2011 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 206731500
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zwischen 1946 und 1990 beantragten ca. 4,5 Millionen Flüchtlinge und Zuwanderer aus der sowjetischen Besatzungszone und DDR eine Aufnahme in die Bundesrepublik Deutschland. Für knapp ein Viertel von ihnen war das Gießener Notaufnahmelager die erste Anlaufstation. Hier erfolgte die formale Aufnahme, wurden die Übersiedler von westlichen Geheimdiensten zu Informationen über politische, wirtschaftliche und militärische Einrichtungen in der DDR befragt. Bei diesen Aufnahmelagern handelte es um einen politische Funktionsraum, der notwendig wurde, weil zunächst die gesetzlichen Grundlagen fehlten, mit denen die Bundesregierung die Zuwanderung hätte regulieren bzw. kanalisieren können. Dies erfolgte zwar 1950, der Lagerbegriff wurde in diesem Zusammenhang jedoch gesetzlich fixiert und das Gesetz erst Mitte der 1980er Jahre den politischen Gegebenheiten angepasst. Erfahrungsgeschichtlich hat sich gezeigt, dass ein Migrationsprozess individuell viel Kraft freisetzt, die es Migranten erlauben, die Herausforderung der Veränderung anzunehmen. Das Lager selbst stellt innerhalb des Migrationsprozesses lediglich eine weitere Station unter anderen dar. Der Aufenthalt betrug nur wenige Tage und hinterließ nur wenige Erinnerungsspuren. Dies wird zum einen auf den zeitlich stark begrenzten Aufenthalt zurückgeführt, zum anderen darauf, dass das Selbstbild der Migranten durch den Lageraufenthalt nicht nachhaltig erschüttert wurde. Die bundesdeutsche Aufnahmegesellschaft reagierte auf die Zuwanderung zunächst mit Ablehnung, dann mit Gleichgültigkeit und in den 1980er Jahren mit Zustimmung, bedeutete die Zuwanderung doch die Bestätigung des eigenen politischen Systems. Als die Zuwanderung dann wieder eine bestimmte Größenordnung annahm, wandelte sich die „Willkommenskultur“ erneut in Ablehnung, was als Reflex auf die ins Land kommenden „Energien“ verstanden werden kann.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • „Die Geschichte des Notaufnahmelagers in Gießen zwischen 1946 und 1961.“, In: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Gießen, 97. Band, Gießen 2012, S. 305-318
    Jeannette van Laak
  • „Das Notaufnahmelager Gießen. Ein Seismograf der deutsch-deutschen Beziehungen?“, In: Detlev Brunner, Udo Grashoff, Andreas Kötzing (Hg.): Asymmetrisch verflochten? Neue Forschungen zur gesamtdeutschen Nachkriegsgeschichte, Berlin 2013, S. 97-114
    Jeannette van Laak
  • „Sehnsuchtsort Gießen. – Zur Geschichte des Notaufnahmelagers nach dem Mauerbau.“ In: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins Gießen, 99. Band, Gießen 2014, S. 185-194
    Jeannette van Laak
  • „Zwischen Bewältigung der Kriegsfolgen und der Einübung demokratischer Prozesse – Das Notaufnahmelager Gießen in den 1950er Jahren.“ In: Henrik Bispinck (Hg.), Flüchtlingslager im Nachkriegsdeutschland. Migration, Politik, Erinnerung, Berlin 2014, S. 142-163
    Jeannette van Laak
  • 2016 „Sehnsuchtsort Gießen? Erinnerungen an die DDR-Ausreise und den Neubeginn in Hessen.“ Gießen, 194 S.
    Jeannette van Laak, Florentin Mück
  • 2017. Einrichten im Übergang. Das Aufnahmelager Gießen (1946-1990), Frankfurt/M., 420 S.
    Jeannette van Laak
 
 

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