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Das Notaufnahmelager Gießen. Eine deutsche Institutionen- und Erfahrungsgeschichte zwischen 1946 und 1990
Antragstellerin
Professorin Dr. Jeannette van Laak
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2011 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 206731500
Das Habilitationsprojekt untersucht die Geschichte des Notaufnahmelagers (NAL) Gießen, das sich von 1946 bis 1990 von einer provisorischen Einrichtung zu einer Landeseinrichtung und gleichzeitigen Bundesbehörde entwickelte. Funktional erwies sich diese Doppelstruktur über die Jahre hinweg als tragfähig und flexibel, vor allem wenn es um die Übernahme von Sonderaufgaben wie der Betreuung der freigekauften politischen Häftlinge ging. Das Lager, das erst Mitte der 1980er Jahre in Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen für DDR-Übersiedler umbenannt wurde, war eine offene Einrichtung, die, im Gegensatz zu den bislang weitaus besser erforschten Repressionslagern, der Integration der Flüchtlinge und Übersiedler in die Bundesrepublik Deutschland den Weg ebnen sollte. Obgleich in der Bundesrepublik der Jahre 1949/50 ein Flüchtlingslager für SBZ-Übersiedler nicht gern gesehen war, diente es in den knapp 40 Jahren seines Bestehens verschiedenen übergeordneten Einrichtungen und Behörden immer wieder zur Durchsetzung eigener Interessen. Das Projekt unternimmt, entsprechend den neueren Ansätzen zur Institutionengeschichte, eine Analyse des Behördenaufbaus und vor allem des Lageralltags. Dieser ist vor allem deshalb relevant, weil in ihn ihm Elemente ostdeutscher Prägung und westdeutscher Lebensverhältnisse ineinandergriffen, die den Zuwanderern die erste Ankunft in der Bundesrepublik Deutschland offenbar erleichterten. Damit kann zum einen der Bedeutung dieser Einrichtung für die deutsch-deutsche Geschichte nachgegangen werden. Zum anderen ermöglicht dies die Einordnung in den größeren Kontext der Lager des 20. Jahrhunderts, der bislang von den NS-Lagern bzw. den Repressionslagern dominiert wird. Das Projekt verfolgt deshalb auch das Ziel, die Sichtweise auf die Geschichte der Lager nach Auschwitz um diejenigen Lager zu erweitern, die seit 1949/50 in die Gesellschaft hineinführten. Damit werden Kontinuitätslinien und Synergien dieser modernen Einrichtungen nachgezeichnet, aber auch Entwicklungspotentiale der Lager analysiert, die bislang vernachlässigt wurden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen