Im luxemburgisch-deutschen Kooperationsprojekt „Examination of a new transdisciplinary framework on pain and suffering by integrating philosophical, psychological, and neuroscientific perspectives” wurde der Zusammenhang von klassischen Schmerzdimensionen und Leid untersucht. Dabei wurde der Einfluss von Schmerzstimulationsart, von Persönlichkeitsmerkmalen und kontextuellen Faktoren ebenso berücksichtigt wie die Dimensionalität der Schmerz- und Leidwahrnehmung auf subjektiver und psychophysiologischer Ebene. Im ersten Teilprojekt konnte gezeigt werden, dass es möglich ist, schmerbezogenes Leid unter Laborbedingungen zu untersuchen und dies dem Leid in klinischen Situationen vergleichbar ist. Schmerzbezogenes Leid stellt dabei eine Komponente der subjektiven Erfahrung der Probanden dar, die unabhängig von der Schmerzintensität und Unangenehmheit betrachtet werden muss. Persönlichkeitsmerkmale wie Furcht vor Schmerzen und externale Kontrollüberzeugungen können die Leidempfindung verstärken. Im weiteren Verlauf des Projekts wurde auf die subjektive Empfindung genauer eingegangen. Adjektive, die Leid am besten beschreiben, involvieren einen wahrgenommenen Verlust von Kontrolle und unsichere Zukunftsperspektiven, mit Anteilen von depressiver Symptomatik. Der wahrgenommene Kontrollverlust wurde anschließend genauer untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass Kontrolle unter experimentellen Bedingungen die Empfindung von Leid senken kann und dass hier der Selbstbezug von besonderer Bedeutung ist. Die neuronalen Korrelate von Leid konnten an Gesunden und Patienten mit Fibromyalgie unter Bedingungen des Kontrollverlusts untersucht werden und zeigen einen engen Zusammenhang zur Angst vor Schmerz auf. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Leid ein integraler Bestandteil der Schmerzerfahrung ist und in Schmerzdiagnostik und Therapie berücksichtigt werden sollte.