Aufgrund der schwierigen Quellenlage musste der Forschungsweg über Einzelschicksale führen. Dieser Weg hat sich aber gelohnt, da wichtige Ergebnisse erzielt werden konnten, mit denen die Geschichte der „Krankenbehandler“ und die Versorgung von jüdischen Patienten in Berlin und in Hamburg zum ersten Mal in dieser Ausführlichkeit geschrieben werden konnte. Zwischen 1938 und 1945 hat es – vor allem in Berlin – eine doch nennenswerte Zahl von „Krankenbehandlern“ gegeben, die aus unterschiedlichen Gründen dieses Amt ausgeübt haben (Alter, Ungewissheit, Mangel an Geld). Die wichtigsten Ergebnisse dieses Projektes sind Erkenntnisse über die Zahl der „Krankenbehandler“, ihre Überwachung durch „Beauftragte für Behandler“ und Gestapo, die Einbindung von staatlichen, ärztlichen und jüdischen Organisationen (wie Reichsinnenministerium, Ärztekammern oder Reichsvereinigung der Juden in Deutschland) in dieses neu geschaffene System der medizinischen Versorgung von Juden für Juden. Weitere wichtige Ergebnisse beziehen sich auf die Diagnosen der jüdischen Patienten, auf die Abrechnung mit den Krankenkassen, wenn nicht privat liquidiert wurde. Erstaunlich bleibt, dass Juden überhaupt medizinisch versorgt wurden, zeigt aber, dass die vorgesehene Vernichtung oder wenigstens Vertreibung aller Juden nicht funktioniert hat, die Nationalsozialisten vielmehr auf jüdische Zwangsarbeiter angewiesen waren. Dabei sollte die grotesk anmutende Angst vor Ansteckung des „arischen Volkskörpers“ durch Juden nicht vergessen sein. Der Verwaltungsaufwand dieser Versorgung sowie die Überwachung waren in Berlin und Hamburg gleich, wenngleich auch das Berliner Jüdische Krankenhaus recht groß blieb, und das Hamburger Israelitische Krankenhaus zu einer Krankenstation degradiert wurde. Hier spiegelt sich der quantitative Unterschied schon durchaus wider. Trotzdem war dieser Unterschied (370 Berliner „Krankenbehandler“ und 30 Hamburger „Krankenbehandler“) ein überraschendes Ergebnis, was sich aber doch mit der Größe der Jüdischen Gemeinde bzw. der Anzahl der in Berlin bzw. in Hamburg lebenden Juden erklären lässt. Nicht zuletzt konnten in diesem Projekt zumeist recht ausführliche Biographien von 400 „Krankenbehandlern“ geschrieben werden, um den zumeist Unbekannten wieder einen Namen zu geben und sie der Öffentlichkeit bekannt zu machen.