Bisher existierten für das kontinentale Känozoikum im Gegensatz zum marinen Bereich keine detaillierten Datensätze und Kurven, die die Entwicklung des Paläoklimas und dessen Stabilität / Variabilität über längere Zeiträume hinweg dokumentieren. Die bisher aus der Analyse von Makrofloren verfügbaren Klimakurven zeigen wegen der dort gegebenen geringen zeitlichen Auflösung lediglich generelle Trends. In dem von der DFG geförderten Forschungsvorhaben wurden durch Auswertung von 9 Pollenprofilen mit insgesamt ca. 2140 Mikrofloren aus dem Känozoikum des nördlichen Zentraleuropa (Lower Rhine Basin, Southern North Sea Basin, Polish Lakeland) mit dem klassischen Koexistenzansatz und einem im Projekt neu entwickelten Verfahren analysiert, das durch Kalibrierung der Ergebnisse im heutigen Klimaraum eine signifikant höhere klimatische Auflösung liefert. Auf der Basis des palynologischen Befundes konnten detaillierte, quantitative Klimakurven für 3 Temperatur- (mean annual temperature, warm and cold month mean) und 4 Niederschlagsparameter (mean annual precipitation, mean monthly precipitation in the driest, wettest and warmest month) rekonstruiert werden, deren zeitliche Auflösung teilweise bis zu ca. 10 ka beträgt und damit geeignet ist, selbst orbitale Klimazyklen aufzulösen. An Hand der im Projekt erzeugten Daten und Kurven wurde die Klimaentwicklung im nördlichen Zentraleuropa im Zeitraum Paläozän bis Pliozän detailliert untersucht. Besonderer Schwerpunkt war die Analyse der Klimavariabilität und der Sensitivität des Regionalklimas bezogen auf globale Ereignisse und Klimasignale. Die im Projekt durchgeführten quantitativen Auswertungen ermöglichen die detaillierte Darstellung der Klimaentwicklung im nördlichen Zentraleuropa in einem Zeitraum vom Paläozän bis zum Pliozän. Dabei zeigt sich, daß die kontinentale Klimaentwicklung in ihren wesentlichen Zügen mit der aus marinen Archiven bekannten, langfristigen Entwicklung korreliert. Nach dem deutlich sichtbaren Signal des PETM (Paleocene – Eocene Thermal Maximum) herrschten die wärmsten klimatischen Konditionen mit Temperaturen auf annährend tropischem Niveau im frühen Eozän (Early Eocene Climatic Optimum), unter den „Greenhouse“-Bedingungen einer weitgehend eisfreien Welt. Eine weitere warme Klimaphase ist für das Mittelmiozän nachweisbar (MMCO; Mid-Miocene Climatic Optimum), danach erfolgt, einhergehend mit zunehmender Vereisung der nördlichen Polarregion, eine sukzessive Abkühlung (Late Miocene Cooling), die in der untersuchten Region im oberen Teil des Serravallium einsetzte (ab ca. 13 Ma). Wie hier für diese Region an Hand von Proben aus der Bohrung Schinveld erstmals quantitativ nachgewiesen, setzte sich dieser Trend bis in das Messinium fort. Im früheren Teil des Pliozän herrschten dann wieder wärmere Bedingungen vor. Nachweisbare Klimaschwankungen auf kürzeren Zeitskalen belegen ebenfalls die enge Kopplung der kontinentalen Klimaentwicklung mit dem marinen System. In vielen Fällen gelang mit Hilfe der für die Profile verfügbaren stratigraphischen Daten die Korrelierung von kühleren Phasen mit eustatischen Tiefständen des Meeresspiegels, die jeweils glazialen Ereignissen (Mi events) entsprechen. An Hand von Pollenprofilen aus der Niederrheinischen Braunkohle gelang zudem der Nachweis von Klimaschwankungen, die mit Orbitalzyklen in Verbindung stehen (Exzentrizität: 400 ka, 100 ka). Analysen zur Klimavariabilität belegen den nicht-proportionale Charakter der Änderungen einzelner Klimaparameter. Kurzfristige Abkühlung im hier untersuchten Kontinentalbereich waren im wesentlichen mit einer Abnahme der Wintertemperaturen verbunden. Im Miozän waren kühle Phasen generell trockener, für das Pliozän weisen unsere Daten auf eine generelle Änderung des Klimasystems hin (auch warm/trocken – kühl/feucht – Zyklen), die im Zusammenhang mit der sich ändernden Dynamik der Atmosphäre und der Ozeanströmungen im Nordatlantik bei zunehmenden Vereisung des nördlichen Polarbereichs steht.