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Hybridisierung und Retikulation als "driving forces" in der Evolution der Gräser aus den temperaten Regionen der Erde (Gräser-Unterfamilie Pooideae)?
Antragsteller
Professor Dr. Martin Röser
Fachliche Zuordnung
Evolution und Systematik der Pflanzen und Pilze
Förderung
Förderung von 2011 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 194982876
Die Gräser-Unterfamilie Pooideae (~3300 Arten) ist charakteristisch für die temperaten Klimazonen der Erde und besitzt große Bedeutung für den Menschen, da sie bedeutende Getreide wie Weizen, Gerste, Roggen und Hafer hervorgebracht hat. Deshalb ist es wichtig, (1) die unterschiedlichen Evolutionslinien innerhalb den Pooideae zu identifizieren, (2) deren Verwandtschaftsbeziehungen untereinander aufzuklären und (3) die zeitliche Abfolge ihrer Entstehung festzustellen. In der vorausgegangen Projektphase führten wir eine dichte Beprobung von Gattungen durch, um DNA Sequenzdaten aus dem Plastiden- und Kerngenom zu ermitteln (matK-trnK Region, repetitive nukleäre ribosomale ITS). Die molekularen Ergebnisse wurden in Kombination mit morphologischen, cytogenetischen und biogeographischen Daten analysiert, was zu weitreichenden taxonomischen Änderungen einschließlich der Beschreibung einer neuen Tribus Duthieeae sowie zu veränderten Umgrenzungen und neuen Anordnungen größerer Verwandtschaftsgruppen führte. Oft widersprechen die molekular-phylogenetischen Resultate Klassifikationen, die auf morphologischen Merkmalen beruhen. Häufige frühere Hybridisierungen, zum Teil sogar zwischen Gattungen aus unterschiedlichen Triben, werden als mögliche Erklärung dieser Widersprüche diskutiert. Um erstmals einen direkten Nachweis über die Rolle der "past hybridisation" und retikulaten Evolution zu erhalten, wird sich die vorliegende Studie auf das biparental vererbte Kerngenom konzentrieren. Nukleäre single copy Gene (SCGs) wurden in den letzten Jahren verstärkt genutzt, um Hybridisierungsereignisse, genetische Introgression in Homoploiden, diploid-polyploide Verwandtschaftsbeziehungen von Arten und retikulate Evolution zu analysieren. Diese nicht-repetitiven DNA-Abschnitten spiegeln die Evolutionsgeschichte oft besser wider als die tandemartig angeordneten Wiederholungsbereiche der ribosomalen DNA, da sie weniger der Gen-Konversion unterliegen, ein Prozess, bei dem die eine elterliche Kopie durch die andere ersetzt wird. Aufbauend auf unseren Voruntersuchungen an Topoisomerase 6 (Topo6) and Acetyl-CoA carboxylase 1 (Acc1) werden wir 5 Exon/Intron-Regionen dieser SCGs und 4 von anderen SCGs sequenzieren. Hierbei werden die wenig verstandenen Beziehungen innerhalb der früh entstandenen Evolutionslinien der Pooideae (Triben Stipeae, Duthieeae, etc.) und dem artenreichen Aveneae/Poeae Tribus-Komplex im Mittelpunkt stehen. Hierfür ist ein Probenumfang von 70 bzw. 190 repräsentativen Taxa vorgesehen. Die DNA-Analysen erfolgen durch konventionelle Sequenzierung nach Sanger und "Next Generation Sequencing" (NGS). Die Datensätze der SCGs werden mit denen der Plastiden- (matK-trnK) und der Kern-DNA (ITS) verglichen. Die DNA-Sequenz-Auswertung unterschiedlich vererbter (uniparental gegenüber biparental) und unterschiedlich evolvierender Genombereiche soll Aufschluss über mögliche Hybridisierungen (past intertribe hybridisation) geben und deren Rekonstruktion ermöglichen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen