Ermüdungsrissfortschritt in metallischen Strukturen unter Berücksichtigung von Plastizitätseffekten bei nichtproportionalen Belastungen
Final Report Abstract
Ziel des Vorhabens war die Gewinnung grundlegender Erkenntnisse bezüglich des Ermüdungsrisswachstums bei proportionaler und insbesondere nichtproportionaler Schwingbelastung. Auf der Basis dieser Erkenntnisse sollte ein erster Schritt hin zu einem Simulationsverfahren gegangen werden, das es erlaubt, realitätsnahe Rissfortschrittslebensdauern zu prognostizieren. Hierfür wurden experimentelle und numerische Untersuchungen an dünnwandigen Rohren aus Baustahl durchgeführt. Im experimentellen Teil des Vorhabens wurden drei verschiedene Versuchsreihen durchgeführt. Die erste Versuchsreihe diente der Bestimmung von Materialparametern. Ungekerbte dünnwandige Rohre wurden unter Längskraft und Torsion zyklisch belastet. Die Ergebnisse der 16 Versuche mit unterschiedlichen Arten von Schwingbeanspruchungen, dehnungs- und spannungskontrolliert, mit und ohne Mittelspannungen, einachsig und mehrachsig, proportional und nichtproportional, führten zu einem Satz von Materialparametern für ein Plastizitätsmodell, das in der Lage ist, nichtproportionale Verfestigung und zyklisches Kriechen unter proportionalen sowie nichtproportionalen Beanspruchungsbedingungen darzustellen. In der zweiten Versuchsreihe mit 36 Versuchen wurden Proben mit einer Starterkerbe unter diversen Belastungen bis zum Versagen belastet. Aus diesen Experimenten wurden anhand fotografischer Aufnahmen unter anderem Risswachstumskurven sowie Rissfortschrittsgeschwindigkeiten und Rissspitzenpositionen ermittelt. Die dritte Versuchsreihe besteht aus Experimenten, bei denen Verformungsfeldmessungen unter Verwendung der Methode der digitalen Bildkorrelation durchgeführt wurden. In diesen Experimenten wurden einige grundlegende Versuche aus der zweiten Versuchsreihe wiederholt. Aus diesen Experimenten wurden unter anderen die effektiven Schwingweiten, d.h. die Schwingweiten mit geöffneten Rissen, und die Dehnungsfelder in der Nähe der Rissspitze ermittelt. Im numerischen Teil des Vorhabens wurden neben der bereits erwähnten Parameteridentifikation im Wesentlichen Rissfortschrittssimulationen für die Proben mit Starterkerbe unter Berücksichtigung von Plastizität und Rissschließen durchgeführt. Für diesen Zweck wurden 3D-Finite-Elemente-Modelle erstellt. Die Simulation des Ermüdungsrisswachstums erfolgte unter Anwendung des Knotenlöse-(Node-Release)-Verfahrens mit einem kommerziellen Finite Element Programm. Das Plastizitätsmodell wurde an der UMAT-Schnittstelle eingepflegt. Als Arbeitshypothese wurde in diesem Projekt postuliert, dass das effektive zyklische ∆Jeff-Integral in der Lage sein sollte, die Risswachstumsgeschwindigkeiten auch bei nichtproportionaler Mixed-Mode-Beanspruchung einheitlich zu beschreiben. Die interne ABAQUS-Software zur Berechnung von J-Integralen ist nur zur Anwendung bei monotoner Belastung geeignet. Aus diesem Grund ist ein eigener Python-Code zur Durchführung dieser Auswertungen weiterentwickelt worden. Die Finite Elemente Simulationen ergaben für den Basisfall einer Schwingbeanspruchung mit reiner Normalkraft eine gute Übereinstimmung der Beschreibung des Ermüdungsrisswachstums unter Verwendung des effektiven zyklischen ∆Jeff-Integrals. Diese Aussage beinhaltet, dass die Berechnungen sowohl effektiver Schwingweiten als auch des ∆Jeff-Integrals mit befriedigender bis guter Genauigkeit ausgeführt werden können. Im Fall kombiniert mehrachsiger Belastung sind größere Unterschiede zwischen experimentell beobachteten und simulierten effektiven Schwingweiten aufgetreten. In der Simulation sind die effektiven Schwingweiten größer. Mit diesen eigentlich zu großen effektiven Schwingweiten sind zugehörige zyklische ∆Jeff-Integral berechnet worden. Obwohl angenommen werden kann, dass diese Werte eher zu groß als zu klein sind, gelingt es derzeit nicht, das im Fall nichtproportionaler Mixed-Mode-Beanspruchung auftretende, relativ schnell erfolgende Ermüdungsrisswachstum mit einer einheitlichen, übergreifenden Theorie zu beschreiben. An dieser Stelle besteht weiterer Forschungsbedarf. Die Einflussgrößen auf das Ermüdungsrisswachstum sind äußerst zahlreich. Im Rahmen der anstehenden Verbesserung der Simulationsmethodik müssen gleichzeitig alle diese Einflussgrößen künftig verbessert erfasst werden.
Publications
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