Verdampfungsphänomene beim selektiven Elektronenstrahlschmelzen und deren Einfluss auf die Materialkonsolidierung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Projekts war es die Mehrkomponentenverdampfung während des Selektiven Elektronenstrahlschmelzens (SEBM) zu modellieren um die Wechselwirkung zwischen Prozessparametern und Verdampfung besser zu verstehen. In diesem Folgeprojekt wurde das bereits vorhandene Modell zur Einkomponentenverdampfung für mehrere Legierungselemente erweitert und in die Simulationssoftware eingegliedert. Da die Verdampfungsraten der Einzelkomponenten nicht nur von neuen Materialparametern wie der Aktivität, sondern insbesondere von der lokalen Materialzusammensetzung, abhängig sind, wurde ein Algorithmus zur Lösung der Konzentrationsverteilung ebenfalls integriert. Aufgrund der niedrigen Diffusionskonstanten, wurde dabei eine passive skalarere Advektionsmethode gewählt, die keinen physikalischen Diffusionsterm enthält. Die Auswirkung der numerischen Diffusion auf die Materialverteilung im Schmelzbad wurde im Detail untersucht. Aufgrund der Partialdruckannahme, welche insbesondere im technischen Vakuum beim SEBM Prozess gilt, kann die Berechnung von Rückstoßdruck, Massen- und Energieverlust analog zum Einkomponentenmodell durchgeführt werden. Zur Validierung des neuen Modells wurden Schmelzversuche im Kompaktmaterial aus Ti64 durchgeführt, bei denen die qualitative Konzentrationsverteilung, die mittlere Konzentration im Schmelzbad und der gesamte Massenverlust gute Übereinstimmung zwischen Simulation und Experiment aufwiesen. Insbesondere konnte dabei gezeigt werden, dass eine gemittelte Betrachtung, welche den Aluminiumverlust im Material nicht berücksichtigt, die Verdampfung überschätzt. In Sensibilitätsstudien stellten sich die Parameter, die die Schmelzbadtemperaturen beeinflussen, als besonders kritisch heraus. Neben Strahlleistung und -breite beeinflusst die Siedetemperatur den Massenverlust durch Verdampfung besonders stark. Mithilfe des erweiterten Modells wurde der Einfluss der Bauparameter auf die Materialzusammensetzung für dichte Aufbauten untersucht. Dabei stellte sich die Maximaltemperatur welche im Schmelzbad erreicht wird als der maßgebliche Faktor für die Verdampfung heraus. Um die Materialzusammensetzung im fertigen Bauteil zu kontrollieren sollten daher möglichst geringe Linienenergien und die Restwärme vorheriger Strahldurchgänge durch kurze Rückkehrzeiten genutzt werden. Bezüglich der Energieeffizienz zeigte sich auch, dass der Energieverlust bei zunehmender Leistung durch die Verdampfung bestimmt ist. Auch deshalb, sollten hohe Verdampfungsraten möglichst vermieden werden. Schließlich wurde das Modul zur Mehrkomponentenverdampfung in die dynamische Gittervergröberung integriert. Damit sind nun Simulationen höherer Aufbauten möglich, bei denen die Materialzusammensetzung betrachtet werden kann. Durch dieses Projekt wird der Einfluss der Verdampfung auf den SEBM Prozess wesentlich besser verstanden. Mithilfe der Simulationen können Baustrategien für komplexe Geometrien optimiert werden, um Materialverlust und die Veränderung der Legierungszusammensetzung, besonders an kritischen Stellen zu vermeiden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- A multi-component evaporation model for beam melting processes, Modelling Simul. Mater. Sci. Eng. 25, 2017, 025003
A. Klassen, V. E. Forster, C. Körner
(Siehe online unter https://doi.org/10.1088/1361-651X/aa5289) - Numerical simulation of multi-component evaporation during selective electron beam melting of TiAl, Journal of Materials Processing Technology 247, 2017, 280-288
A. Klassen, V. E. Forster, V. Jüchter, C. Körner
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jmatprotec.2017.04.016) - Simulation von Verdampfungsphänomenen beim selektiven Elektronenstrahlschmelzen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg (Dissertation), 2017
A. Klassen
- Comparison of passive scalar transport models coupled with the Lattice Boltzmann method, Computers and Mathematics with Applications
V. E. Küng, F. Osmanlic, M. Markl, C. Körner
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.camwa.2018.01.017)