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Experimentelle und theoretische Untersuchung des Honigmann-Prozesses für die thermochemische Speicherung von Wärme, Kälte und Arbeit

Fachliche Zuordnung Energieverfahrenstechnik
Förderung Förderung von 2011 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 185967662
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der Honigmann-Prozess ist ein thermochemischer Energiespeicher und -wandler. Er kann mit Wärme oder mechanischer Arbeit beladen werden, und die gespeicherte Energie kann zu einem späteren Zeitpunkt in Form von Wärme, Kälte oder Strom zurückgewonnen werden. Diese Kombination aus Speicher und Wandler macht den Prozess einmalig und für unterschiedliche Anwendungsgebiete im Bereich der Nutzung von erneuerbaren Energien oder Abfallwärme sehr attraktiv. Der Prozess wurde ursprünglich von dem deutschen Industriellen und Chemiker Moritz Honigmann im 19. Jahrhundert für den Betrieb einer feuerlosen Lokomotive erfunden, patentiert und getestet. Innerhalb dieses Projektes wurde der Prozess nicht für die Anwendung im Transportbereich, sondern als stationärer Speicher untersucht. Für die Untersuchungen wurde eine Laboranlage mit dem Arbeitspaar LiBr/Wasser aufgebaut. In der Anlage wurde die Kombination aus Beladung mit Hilfe von Wärme und Entladung mit der Erzeugung von mechanischer Arbeit experimentell umgesetzt. Erstmalig konnte ein kompletter Honigmann-Speicherzyklus vollständig mit modernen wissenschaftlichen Methoden vermessen werden. Die Verläufe der Zustandsgrößen waren vorher weder aus Experimenten noch aus theoretischen Überlegungen bekannt. Eine umfangreiche Fehleranalyse und Prüfung der Daten auf Konsistenz hat die reinen Messungen ergänzt. Parallel dazu wurde ein dynamisches Modell entwickelt und mit den Messdaten verglichen. Des weiteren können nun mit Hilfe von Kennzahlen und Simulationen alternative Stoffpaare untersucht werden. Sowohl die experimentelle Strategie als auch die Modellbildung konnten deutlich gegenüber dem Stand der Wissenschaften verbessert werden. Die Effizienz des vermessenen Speichers und Wandlers ist jedoch geringer als erwartet. Hauptschwachstelle ist der verwendete Expander mit einem extrem niedrigen isentropen Wirkungsgrad von circa 2 Prozent. Weitere Verluste entstehen durch zu große Wärmeabgabe an die Umgebung und eine teilweise unvorteilhafte Betriebsführung, die sich durch das kleine Verhältnis der thermischen Masse des Arbeitsmittels zur thermischen Masse der Wärmeübertrager und Peripherie besonders stark auswirkt. Auch die große latente Wärme des Phasenwechsels konnte diesen Effekt nicht ausgleichen. Die Temperierungsphasen zwischen den zentralen Prozessphasen Beladen und Entladen sind zu lang und haben einen unnötig hohen Energieaufwand. Zukünftige Forschungen müssen diese parasitären Effekte neben dem eigentlichen Kern des Prozesses stärker berücksichtigen; die Zusammenhänge können nicht isoliert voneinander behandelt werden. Die im Vergleich zur Verdampfungswärme überschüssige Absorptionswärme könnte bei einer gut gedämmten Anlage beispielsweise genutzt werden, um den produzierten Dampf zu überhitzen, wodurch die Verwendung einer Turbine anstatt des bisher verwendeten Lamellen-Drehkolbenmotors sinnvoll würde. Die identifizierten und quantifizierten Schwächen stellen das grundlegende Prinzip nicht in Frage, sondern sind konstruktiv und regelungstechnisch vermeidbar. Im Gegenteil: aufgrund der verbesserten Modellbildung und experimentellen Eingrenzung der Schwierigkeiten ist eine wirtschaftliche Verwertung wahrscheinlich geworden. Zur wissenschaftlichen Vertiefung werden die Forschungen am Fachgebiet insbesondere mit einer besser geeigneten Expansionsmaschine fortgesetzt. Das ergänzt sich in guter Weise mit dem derzeitigen Interesse aus der Industrie an dem Thema. Immerhin ist es mit Hilfe dieses Prozesses relativ einfach, die zehnfache Energiespeicherdichte eines Pumpspeicherkraftwerkes zu erreichen (bei Speicherdichten für Pumpspeicherkraftwerke zwischen 0,3 und 1,4 Wh/kg nach Sterner und Stadler (2014)). Durch Kaskadierung mehrerer Wärmeübertrager und anderen Formen der Mehrstufigkeit entsteht eine ganze Familie verwandter Prozesse. Auch mit dieser lässt sich die Effzienz des einfachen, hier untersuchten Prozesses nochmals verbessern. Zu dieser Frage sind noch weitere grundlegende Untersuchungen nötig.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (September 2012): First cycle simulations of the Honigmann-process with LiBr/H2O and NaOH/H2O as working uid pairs as a thermochemical energy storage, Proceedings mit Abstract und Conference paper, Heat Powered Cycles Conference, Holland, Alkmaar, ISBN 978-0-9563329-1-2, HPC640
    A. Jahnke, L. Strenge, C. Fleÿner, N. Wolf, T. Jungnickel, F. Ziegler
  • (2013): First cycle simulations of the Honigmann-process with LiBr/H2O and NaOH/H2O as working fluid pairs as a thermochemical energy storage, International Journal of Low-Carbon Technologies, 2013, 8, i55-i61
    A. Jahnke, L. Strenge, C. Fleßner, N. Wolf, T. Jungnickel, F. Ziegler
  • (2017): Experimental investigation of the Honigmann-process for thermo-chemical energy storage and conversion, International Sorption Heat Pump Conference 2017, Japan, Tokyo
    A. Jahnke, E. Thiele, M. Norden, F. Ziegler
  • (März 2017): Experimental investigation of the Honigmann-process for thermo-chemical energy storage and conversion, Internationale Konferenz zur Speicherung Erneuerbarer Energien (IRES 2017), Düsseldorf
    E. Thiele, A. Jahnke, M. Norden, F. Ziegler
 
 

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