Mechanismen visueller Objektpräsentationen bei Veränderungsdetektion und Veränderungsblindheit
Final Report Abstract
Dieses Projekt untersuchte, ob Beobachter Zugriff auf visuelle Objektrepräsentationen haben, wenn sich Objekte in einer visuellen Szene verändern. Von besonderem Interesse waren Situationen, in denen die Veränderung nicht bemerkt wurde, d.h. so genannte Veränderungsblindheit. Einige Autoren haben aus der Häufigkeit von Veränderungsblindheit geschlussfolgert, dass Objekte in visuellen Szenen nur lückenhaft und nicht dauerhaft repräsentiert sind. Im Gegensatz dazu konnten wir jedoch in mehreren Studien zeigen, das Beobachter selbst unter Veränderungsblindheit Information über die veränderten Objekte verarbeiten. Die erste Serie von Experimenten untersuchte Prozesse der Merkmalsbindung unter Veränderungsblindheit. Es konnte gezeigt werden, dass Probanden mitunter detektieren können, dass sich irgendein Objekt verändert hat, ohne die Veränderung lokalisieren oder identifizieren zu können. Wir konnten zeigen, dass diese pure Detektion darauf beruht, dass präattentiv und noch vor dem Prozess der Merkmalsbindung die Veränderung ungebundener Objektmerkmale registriert wird. Eine weitere Studie, in der elektrophysiologische Korrelate von Gedächtnisprozessen gemessen wurde, konnte zeigen, dass Gedächtnisspuren der veränderten Objekte selbst unter Veränderungsblindheit nachweisbar sind. Dies legt nahe, dass Objekte auch unter Veränderungsblindheit repräsentiert sein können, und dass diese Repräsentationen den Moment der unmittelbaren Stimulusdarbietung überdauern können. Eine weitere Serie von Experimenten untersuchte, ob Objekte unter Veränderungsblindheit semantisch verarbeitet werden. Dabei machten wir uns den N400 Effekt im ereigniskorrelierten Potenzial zunutze, d.h. den Unterschied zwischen semantisch passenden und unpassenden Objektpaaren. Wir konnten einen N400-ähnlichen Effekt selbst unter Veränderungsblindheit nachweisen, was darauf schließen lässt, dass die veränderten Objekte repräsentiert gewesen sein mussten. Insgesamt zeigen unsere Befunde, dass die Repräsentation visueller Szenen weit weniger lückenhaft ist, als von vielen Autoren bislang angenommen. Die Limitation visueller Verarbeitung, die stattdessen die Ursache für die häufige Veränderungsblindheit darstellt, besteht vermutlich in einem mangelhaften Vergleich zwischen den veränderten Objekten. Dieses Projekt hat damit einen wichtigen Beitrag geleistet, um die Mechanismen zu verstehen, mit denen das visuelle System eine dynamische und komplexe Umwelt verarbeitet.
Publications
- (2012). A pool of pairs of related objects (POPORO) for investigating visual semantic integration: behavioral and electrophysiological validation. Brain Topogr, 25(3):272–284
Kovalenko, L. Y., Chaumon, M., and Busch, N. A.
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Herbst, S. K., Javadi, A. H., van der Meer, E., and Busch, N. A.
(See online at https://doi.org/10.1371/journal.pone.0076074) - (2013). The fate of object memory traces under change detection and change blindness. Brain Res, 1520:107–115
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Ball, F., Elzemann, A., and Busch, N. A.
(See online at https://doi.org/10.3758/s13428-013-0414-2)