Ökonomische Analyse der Refinanzierung von Mikrokreditvergabe
Final Report Abstract
Ein tiefgreifendes Verständnis der Refinanzierung von Mikrofinanzinstituten (MFIs) ist von großer Bedeutung für Praxis, Forschung und Politik. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden verschiedene Aspekte im Refinanzierungsprozess von MFIs in Kooperation der Lehrstühle für Finanzierung und Theoretische Volkswirtschaftslehre untersucht. So wurden unter anderem die Determinanten der häufig kritisierten, meist hohen Zinssätze von Mikrokrediten analysiert und dabei die operativen Kosten als Haupttreiber der Zinssätze identifiziert. Zudem wurden erstmalig Kreditrisikotreiber sowohl von Mikrokrediten als auch von MFI-Schuldtiteln untersucht und einige aus dem traditionellen Banking bekannte Risikofaktoren bestätigt. Darüber hinaus zeigte sich, dass mikrofinanzspezifische Faktoren, insbesondere fehlende Regulierung und schnelles Wachstum, das Ausfallrisiko von MFIs erhöhen. Die Erkenntnisse des Forschungsvorhabens tragen erheblich zur Entwicklung und Verbesserung des Risikomanagements in der Mikrofinanzierung bei, welches von vielen Marktteilnehmern in unzureichendem Maße betrieben wird. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde zudem ein Bewertungsansatz für strukturierte Mikrofinanz-Investmentfonds entwickelt, der erstmalig die Eigenheiten von MFI-Schuldtiteln berücksichtigt. Des Weiteren können Anleger nun durch die methodische Integration einer sozialen Komponente bei der Portfoliooptimierung ihren Nutzen hinsichtlich sozialer und finanzieller Renditeaspekte bei ihrer Anlageentscheidung modellieren. Das Forschungsvorhaben behandelt auch verschiedene theoretische Fragestellungen im Zusammenhang mit der Refinanzierung von MFIs. Das Ergebnis, dass von relativen Rückzahlungsraten nicht auf die Vorteilhaftigkeit unterschiedlicher Arten der Mikrokreditvergabe zurückgeschlossen werden kann, zeigt, dass eine Fokussierung auf gebräuchliche, einfache Kennzahlen irreführend sein kann. Die Integration von beschränkter Rationalität liefert einen Rahmen, in dem Investitionsentscheidungen von Mikrokreditnehmern nicht stets zu deren Vorteil sind. Die Vorteilhaftigkeit der Vergabe von Mikrokrediten ist dann nicht automatisch gegeben, sondern bedarf einer Überprüfung, die den Marktgegebenheiten und der Art und Weise, in der Mikrokreditnehmer Entscheidungen treffen, Rechnung trägt. Die Aufstellung eines kontrakttheoretischen Modells erlaubt in Verbindung mit einem Datensatz zur Refinanzierung von MFIs die Formulierung und Überprüfung von Hypothesen. Hieraus ergeben sich Aufschlüsse dazu, welche Vorbedingungen erfüllt sein müssen, damit weiteres Kapital für die Vergabe von Mikrokrediten mobilisiert werden kann. Die Bedeutung des Projekts spiegelt sich auch in Publikumsmedien wider, etwa in einem Radio-Interview von Prof. Dorfleitner vom 14.10.2013 (http://detektor.fm/wirtschaft/kleinstkredite-soziale-projekte-oder-Ausbeutung/) oder auch durch Berichte über den Besuch des Friedensnobelpreisträgers Muhammad Yunus am 23.04.2013 an der Universität Regensburg. Insgesamt machen die Erkenntnisse des Forschungsprojekts Mikrofinanzierung für Investoren transparenter und stimulieren somit die Bereitstellung von dringend benötigtem Kapital in Entwicklungs- und Schwellenländern.
Publications
- (2011), „Microcredit as an asset class: Structured microfinance“. In: Köhn, D. (Hrsg.), Mobilising capital for emerging markets: What can structured finance contribute? Berlin (u. a.): Springer, S. 137–154
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Arnold, L., Reeder, J. und Trepl, S.
(See online at https://doi.org/10.1111/ecca.12075)