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Geburtsortstreue oder Abwanderung? Geschlechtsspezifische Abwanderungsstrategien bei neotropischen Fledermäusen

Fachliche Zuordnung Evolution, Anthropologie
Förderung Förderung von 2010 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 167839750
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel des Forschungsprojektes war es, kausale Zusammenhänge für die Evolution des ungewöhnlichen Abwanderungsverhaltens (Abwanderung von Weibchen und Geburtsortstreue von Männchen) der neotropischen Sackflügelfledermaus Saccopteryx bilineata aus der Familie der Emballonuriden aufzudecken. Hierfür untersuchten wir vergleichend bei fünf naheverwandten neotropischen Emballonuriden sowohl das geschlechtsspezifische Abwanderungsverhalten als auch die Faktoren (Vater-Tochter Inzuchtvermeidung und Ressourcenverteidigung durch Männchen), die das Abwanderungsverhalten entscheidend beeinflussen können. Basierend auf einer Kombination aus Langzeitbeobachtungen von individuell markierten Fledermäusen und molekulargenetischen Verwandtschafts- und Elternschaftsanalysen konnten wir überraschenderweise zeigen, dass bei mindestens drei (möglicherweise vier) der fünf untersuchten Arten (Saccopteryx bilineata, Saccopteryx leptura, Rhynchonycteris naso und evtl. Cormura brevirostris) Weibchen das überwiegend abwandernde Geschlecht darstellen, während Männchen geburtsortstreu sind. Lediglich bei Balantiopteryx plicata fanden wir das für Säugetiere typische Abwanderungsverhalten. Bei dieser Art sind Weibchen philopatrisch und Männchen stellen das abwandernde Geschlecht dar. Unsere Ergebnisse bestätigen die Hypothese, wonach Abwanderung von Weibchen als Vater-Tochter Inzuchtvermeidungsstrategie anzusehen ist, da sowohl bei S. bilineata als auch bei R. naso (wahrscheinlich auch bei S. leptura) die Anwesenheitsdauer der Männchen das Alter der Geschlechtsreife von Weibchen überschreitet. Auch für B. plicata fanden wir, dass die Anwesenheitsdauern von Männchen das Alter der Geschlechtsreife von Weibchen überschreiten. Trotzdem verhielten sich die Weibchen geburtsortstreu. Das Inzuchtrisiko wird jedoch minimiert, weil bei dieser Art die Paarung mit Männchen außerhalb der eigenen sozialen Gruppe mit unverwandten Männchen erfolgt. Insgesamt legen unsere Ergebnisse nahe, dass Inzuchtvermeidung für die Evolution des Abwanderungsverhaltens von Fledermäusen aus der Familie der Emballonuriden, aber auch von Säugetieren generell, von zentraler Bedeutung ist und ausschlaggebend dafür ist, ob Weibchen abwandern. Weder die Paarungsstrategie der Männchen noch hohe Kosten durch lokale Paarungskonkurrenz scheinen für die Seltenheit von Philopatrie bei Männchen unter Säugetieren verantwortlich zu sein, was meist in der Literatur diskutiert wird. Stattdessen können Männchen dann Geburtsortstreue evolvieren, wenn Weibchen aus Inzuchtgründen abwandern.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2012: Learned vocal group signatures in the polygynous bat Saccopteryx bilineata. Animal Behaviour 84: 761-769
    Knörnschild, M., M. Nagy, M. Metz, F. Mayer & O. von Helversen
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.anbehav.2012.06.029)
  • 2012: Male greater sac-winged bats gain direct fitness benefits when roosting in multimale colonies. Behavioral Ecology 23: 597–606
    Nagy M., M. Knörnschild, CC. Voigt & F. Mayer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/beheco/ars003)
  • 2013: Female-biased dispersal in a bat with a female-defence mating strategy. Molecular Ecology 22: 1733-1745
    Nagy M., L. Günther , M. Knörnschild & F. Mayer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/mec.12202)
 
 

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