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Konstruktionen des Sterbens - Analyse biographischer und professioneller Perspektiven im Dienstleistungskontext

Fachliche Zuordnung Bildungssysteme und Bildungsinstitutionen
Förderung Förderung von 2010 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 167183561
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Forschungsprojekt hatte sich zwei zentrale wissenschaftliche Fragen gestellt: a) wie im Kontext des Sterbens in professionellen Kontexten wie Hospizen, Palliativ-Stationen, Stationen der Inneren Medizin und den Altenheimen ein „professioneller“ Umgang mit sterbenden Menschen organisiert wird und was dies für die schwer erkrankten/sterbenden Menschen bedeutet. Für diese Forschung sind neben Expert_inneninterviews auch erstmals biographische Interviews mit schwererkrankten, sterbenden Menschen durchgeführt worden. Biographische Interviews sind deshalb als methodischer Zugang zu den erkrankten/sterbenden Menschen gewählt worden, da mit dieser Interviewform einerseits eine große Offenheit für die Erzählenden ermöglicht wird und gleichzeitig die gegenwärtige Situation vor dem Hintergrund biographischer Erfahrungen reflektiert werden kann. Insgesamt sind 180 qualitative Interviews durchgeführt, davon 99 Expert_inneninterviews und 81 biographische Interviews erhoben und ausgewertet worden. In den ersten zwei Jahren sind Interviews im Kontext der Hospizes, der Palliativstationen und der Inneren Medizin und im dritten Jahr im Kontext der Institution Altenheim durchgeführt worden. Da in dieser Phase aus forschungspragmatischen Gründen die Interviews vor allem in Sachsen erhoben wurden, sind in dem vierten/fünften Projektjahr biographische Interviews und Expert_inneninterviews in den alten Bundesländern (hier nur in den Kontexten des Hospizes und der Palliativ-Stationen) durchgeführt worden. Erste erstaunliche Beobachtungen im Auswertungsprozess zeigten sich darin, dass die biographischen Interviews sich – entgegengesetzt den Erwartung des Forschungsteams – keine großen Dramatisierungen in den Erzählungen angelegt waren, dass angesichts eines zu erwartenden Sterbeprozesses zu vermuten gewesen wäre. Bei genauerer Analyse zeigte sich, dass diese Art von biographischen Erzählungen, das diese Phänomene vor allem bei jenen Interviews auftreten, die im Kontext des Hospiz und der Palliativ-Stationen erhoben worden sind. In der Auswertung der Expert_inneninterviews, die in diesen Einrichtungen erhoben wurden zeigte sich, dass mehrheitlich keine klassischen „professionellen Bearbeitungslogiken“ spezifischer Problemlagen vorlagen, sondern offene Begegnungsweisen mit den Sterben die Alltagskulturen der Einrichtungen geprägt und damit neue und offen Formen von „Subjektivität“ bei der Sterbenden eröffnet haben und andere biographische Konstruktionsweisen und Begegnungsweisen mit sich gebracht haben. Im Kontext der Stationen der Inneren Medizin und des Altenheims zeigten sich in den Professions-Interviews andere professionelle/institutionelle Logiken und auch die biographischen Interviews der Patient_innen und Bewohner_innen wiesen andere Strukturmerkmale auf. Damit zeigte sich, dass nicht allein eine biographische Lebenssituation über die Frage entscheidet, welche Konstruktionsweisen für das eigene Leben erzählbar werden. Da aus forschungspragmatischen Gründen in den ersten drei Jahren die Interviews in Sachsen erhoben worden, trat dennoch im Forschungsprozess die Frage auf, ob manche Phänomene in den biographischen Interviews aber auch in den Expert_inneninterviews auch der Tatsache geschuldet sein könnten, dass die Interviews ausschließlich mit Personen gemacht wurden, die zentrale biographische Erfahrungen in der DDR gemacht haben. Aus diesen Gründen sind in dem 4. & 5. Projektjahr in unterschiedlichen Bundesländern (Hessen, NRW, Bremen) ebenfalls Experteninterviews als auch biographische Interviews mit Strebenden – aber begrenzt auf Hospize und Palliativ-Stationen – durchgeführt worden. Es zeigte sich ähnlich wie bei denen in Sachsen aufgenommen Interviews, dass seitens der Professionellen keine „Bearbeitungslogik von Problemen“ vorlag und auch die narrativen Interviews die Qualität biographischer Neukonstruktionen aufwiesen. Und dennoch zeigten sich relevante Differenzen zu den „Ost-Interviews“. Die Rationalitätsformen der Professionellen zu den „Gästen“ ihrer Einrichtungen waren anders begründet und das Handeln anders ausgerichtet. Und die biographischen Interviews können als biographische Neukonstruktionen beschrieben werden, aber sie wären in ihren dem Verhältnis eines Subjekts zur sozialen Welt in den biographischen Erzählungen ganz anders angelegt. Hierzu wäre weitere, grundlegende Forschung sehr wünschenswert.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2018) Biographie im Kontext des Sterbens. Der Einfluss institutioneller Kontexte auf biographische Erzählformate. ZQF (Zeitschrift für Qualitative Forschung) 18 (2) 223–237
    Paul, Kathleen; Hanses, Andreas; Heuer, Katrin; Janotta, Lisa
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3224/zqf.v18i2.04)
  • (2012): Sterben – Das Ende von Interaktionen in biographischen Selbstthematisierungen: In: Hanses, Andreas; Kirsten Sander (Hg.): Interaktionsordnungen - Gesundheit als soziale Praxis. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 259-277
    Paul, Kathleen; Heuer, Katrin; Hanses, Andreas
  • (2013), Rezension zu Ulrich Griegoleit: Umgang mit Sterben und Tod in der Institution Krankenhaus. Zur Entwicklung einer abschiedskulturellen Haltung in der Pflegeausbildung. In: Zeitschrift für Sozialpädagogik, Jg. 11, H. 3, S. 324-329
    Paul, Kathleen
  • (2013): Das Subjekt in der sozialpädagogischen AdressatInnen- und NutzerInnenforschung – zur Ambiguität eines komplexen Sachverhalts. In: Graßhoff, Gunther (Hg.): Adressaten, Nutzer, Agency. Zur Grundlegung akteursbezogener Forschungsperspektiven in der Sozialen Arbeit. Wiesbaden, VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 99-117
    Hanses, Andreas
  • (2014): Das Ende des Lebens – Sterben als Heterotopie. In: Löw, Martina (Hg.): Vielfalt und Zusammenhalt. Verhandlungen des 36. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bochum und Dortmund 2012. Frankfurt am Main: Campus, S. 549-559
    Heuer, Katrin; Paul, Kathleen; Hanses, Andreas
  • (2014): Die Bedeutung von habitussensiblen Zugängen in der Begleitung sterbender Menschen. In: Sander, Tobias (Hg.): Habitussensibilität. Eine neue Anforderung an professionelles Handeln. Wiesbaden: Springer. S. 87-103
    Katrin Heuer
  • (2015): Konstruktionen des Sterbens – Analysen zu den Herstellungsweisen des Sterbens in organisationalen Kontexten. neue praxis. Zeitschrift für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Sozialpolitik. Jg. 45, H. 2, S. 160-177
    Hanses, Andreas; Heuer, Katrin; Janotta, Lisa; Paul, Kathleen
  • (2015): Professionskonstruktionen in der Arbeit mit sterbenden Menschen. Einblicke aus einem Forschungsprojekt; In: Roland Becker-Lenz u.a. (Hg.): Bedrohte Professionalität. Einschränkungen und aktuelle Herausforderungen für die Soziale Arbeit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 259-278
    Heuer, Katrin; Paul, Kathleen; Hanses, Andreas
  • (2015): Soziale Arbeit in der Sterbebegleitung. In: Soziale Arbeit, Jg. 64, H. 1, S. 14-21
    Paul, Kathleen; Janotta, Lisa; Heuer, Katrin; Hanses, Andreas
  • (2015): Zur Relevanz biographischer Neukonzeptualisierungen. Theoretische Perspektiven zu empirischen Ergebnissen aus einer Studie zu den ‚Konstruktionen des Sterbens‘; In: Dörr, Margret; Füssenhäuser, Cornelia; Schulze, Heidrun (Hrsg.): Biographie und Lebenswelt. Perspektiven kritischer Sozialer Arbeit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 141-156
    Hanses, Andreas; Heuer, Katrin; Paul, Kathleen
  • (2016): Organisation und Biographie als Herausforderung professioneller Praxis. In: Becker-Lenz, Roland; Busse, Stefan; Ehlert, Gudrun; Müller-Hermann, Silke (Hrsg.): Professionalität und Organisation. Wiesbaden: Springer VS, S. 53-70
    Hanses, Andreas
  • (2018): Biographie und Institution. In: Lutz, Helma et al. Handbuch Biographieforschung. Wiesbaden Springer Fachmedien, S.-379-389
    Hanses, Andreas
 
 

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