TRR 34: Pathophysiologie von Staphylokokken in der Post-Genom-Ära
Biologie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Staphylococcus aureus ist ein gefährliches Pathogen; die Erreger gehören weltweit zu den Hauptursachen bakterieller Infektionen in- und außerhalb des Krankenhauses. Außerdem sind die Bakterien ein berüchtigtes Beispiel für die Antibiotika-Resistenzkrise, eine der großen Gefahren für die Gesundheit im 21. Jahrhundert. Aber S. aureus ist auch ein faszinierender Modellorganismus für die Erforschung von Wirt-Pathogen-Interaktionen. Jeder von uns begegnet den Bakterien, oft bereits in den ersten Lebensstunden. Die Folgen sind vielgestaltig: Sie reichen von rascher Eliminierung der Erreger oder symptomfreier Besiedlung der Nase über milde Hautinfektionen bis zu lebensbedrohlichen Erkrankungen. Die Spezies S. aureus verfügt über eine beeindruckende Ausstattung mit Fitness- und Virulenzfaktoren, darunter zahlreiche Immunevasionsmolekülen. Mit ihren ausgefeilten Regulationsnetzwerken trotzen die Erreger feindlichen Umweltbedingungen wie Nahrungs- oder Sauerstoffmangel und oxidativem Stress. So können sie sich an ganz verschiedene Nischen in ihrem Wirt und der unbelebten Umwelt anpassen, eine Grundlage ihres Erfolges. Der SFB-TRR34 hatte sich zum übergeordneten Ziel gesetzt, das Verständnis der Infektionsbiologie von S. aureus wesentlich zu verbessern. Da wenige Jahre vor Beginn der Arbeiten Gesamtgenomsequenzen von S. aureus und seinem menschlichen Wirt verfügbar wurden, konnte der Verbund auf umfassende Analysen von Transkriptionsprofilen, Proteinen und Metaboliten setzen und diese OMICs-Ansätze mit bewährten Strategien zur Aufklärung von Mechanismen und Kausalzusammenhängen kombinieren. Dieses Vorgehen erwies sich als sehr fruchtbar. Als Fundament wurde in einem Laborstamm ein (fast) vollständiges quantitatives Inventar der S. aureus-Proteine erarbeitet, welches intrazelluläre Proteine ebenso abbildet wie zellwandgebundene und extrazelluläre Faktoren. Damit konnte in Zellkulturen die Adaptation der Bakterien an zahlreiche infektionsrelevante Stressbedingungen umfassend charakterisiert werden. Molekulare Signaturen wurden definiert, mit denen sich erschließen lässt, welche Bedingungen S. aureus in der Begegnung mit seinem Wirt vorfindet und wie der Erreger darauf reagiert. Es stellte sich heraus, dass die Bakterien nach Aufnahme in Wirtszellen, im Inneren von Biofilmen und unter Antibiotikaeinfluss auf ähnliche Anpassungsmechanismen setzen. Diese sind wichtig bei chronischen S. aureus-Infektionen, wie sie z.B. im Knochen oder auf Implantaten vorkommen. Sie sind sehr schwer therapierbar, da einige Bakterien nach Aufnahme in die Wirtszellen nicht vernichtet werden, sondern lange überdauern und sich sogar weiter teilen können. In ihrem angepassten Zustand sind sie gegenüber dem Immunsystem und den Antibiotika außerordentlich resistent. Ähnliches gilt für S. aureus in Biofilmen. Zur Aufklärung des Zusammenspiels von Erreger und Wirt wurden im SFB-TRR34 Zellkultursysteme steigender Komplexität eingesetzt, geeignete Infektionsmodelle im Tier entwickelt und klinische Untersuchungen durchgeführt. Wir verstehen jetzt auch viel besser, wie es S. aureus gelingt, die menschliche Nase dauerhaft zu besiedeln. Dieser räumlich und zeitlich fein abgestimmte Vorgang wird wesentlich von der Struktur der Wandteichonsäuren in der bakteriellen Zellhülle bestimmt, die an Rezeptoren auf der Wirtszelloberfläche binden. Obwohl sich die Bakterien dort eher harmlos benehmen, muss das Immunsystem lebenslang erhebliche Ressourcen einsetzen, um Erreger und Wirt im Gleichgewicht zu halten. Der SFB-TRR34 hat auch dazu beigetragen, Zweifel an der Leistungsfähigkeit des adaptiven Immunsystems beim klinischen Schutz vor S. aureus auszuräumen. Diese waren aufgekommen, weil die Versuche, einen Impfstoff gegen den trickreichen Erreger zu entwickeln, zunächst sehr enttäuschend verliefen. Inzwischen hat die internationale Forschung auf diesem Gebiet wieder Fahrt aufgenommen. Es zeigte sich jedoch, dass die Immunreaktion gegen S. aureus auch Schaden anrichten kann. Der Verdacht, dass S. aureus Allergien auslösen und unterhalten kann, erhärtete sich durch die Entdeckung starker bakterieller Allergene. Nun muss deren klinische Bedeutung bei chronischen Entzündungen unter Beteiligung von S. aureus aufgeklärt werden. Viel konnte erreicht werden, noch mehr bleibt zu tun. Die am SBF-TRR34 beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind hoch motiviert, ihre Kooperationen im Verbund und in seinen internationalen Netzwerken mit Elan fortzuführen und weiter auszubauen.
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