Das Projekt fokussiert mit den Kategorien „Boulevard“ und „Bohème“ zwei zentrale Phänomene um 1900 in Frankreich und Deutschland: Im Spannungsfeld dieser beiden Größen entsteht eine neue Erfahrung von Massenmedialität, während sich gleichzeitig das Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatheit verschiebt. Auf das massenmediale Dispositiv des Boulevards reagieren präavantgardistische Bohèmegruppierungen, die den Boulevardmedien sowohl zuarbeiten als auch mit kritischer Aufmerksamkeit begegnen. Diese Wandlungsprozesse sollen anhand der sie begleitenden Semantik beschrieben werden, wobei der Boulevard sich weniger als urbanistisch-topographische, denn als begriffliche Kategorie etabliert, und die Bohème ein besonderes medienkritisches Potential entfaltet. Der gegenwärtig diskutierte Begriff der „Boulevardisierung“ der Öffentlichkeit erfordert eine historische Dimensionierung, aber auch die kurrente Jugendkultur, nicht zuletzt mit ihrem avancierten Projekt einer „digitalen Bohème“, motiviert den Rekurs auf traditionelle Bohèmeformationen.
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