Struktur und Funktion des Formylglycin-generierenden Enzyms (FGE)
Final Report Abstract
Ca-Formylglycin (FGly) ist der katalytische Rest aller Säuger-Sulfatasen. FGly wird im endoplasmatischen Retikulum co-translational vom FGly-generierenden Enzym (FGE) durch Oxidation eines konservierten Cysteinrestes der Sulfatasen hergestellt. Defekte im FGE codierenden Gen führen zu Multipler Sulfatase-Defizienz (MSD), einer fatalen lysosomalen Speicherkrankheit. Die in diesem Projekt durchgeführten Untersuchungen der katalytischen Domäne (DFGE) ergaben, dass FGE als eine neuartige Monooxygenase fungiert, die 1 O2 pro gebildetem FGly umsetzt und kein H2O2, sondern zwei H2O generiert. Neben dem Substrat-Cystein steuern FGE’s katalytische Cysteine 336 und 341 zwei Elektronen bei. Intermediär werden dabei offensichtlich das Substrat-Cystein und auch Cys-336 zu Sulfensäuren oxidiert, die zum Aldehyd bzw. zur C336-S¾S-C341 Disulfidbrücke weiter reagieren. Letztere kann in vitro durch Dithiothreitol reduziert werden, während in vivo hierfür die CGC-Box der N-terminalen Domäne (NTD) benötigt wird. Evidenzen für ein solches Disulfid-Shuffling zwischen beiden Domänen, bei dem eine Pseudosubstrat-Sequenz der NTD die Interaktion mit den katalytischen Cysteinen in der Substratbindestelle dirigiert, konnten durch Interaktionsstudien von MBP-NTD Fusionsproteinen mit DFGE-Varianten gewonnen werden. Weiterhin konnten in FGE- und Sulfatase coüberexprimierenden Zellen Protein-Komplexe charakterisiert werden, die Thioredoxin-haltige Proteine als mögliche Reduktasen der CGC-Box enthalten, welche kovalente und nichtkovalente Interaktionen mit FGE eingehen. FGE ist ein residentes Protein des endoplasmatischen Retikulums (ER), wird aber auch sezerniert. Während der Sekretion wird durch Furin-vermittelte Spaltung an einer hoch konservierten RYSR- Spaltstelle die NTD abgespalten, so dass ein in vivo inaktives trunkiertes FGE entsteht, das DFGE entspricht. Da stets aber auch das Volllängenprotein (fl-FGE) sezerniert wird, wofür das Furininhibierende, konservierte YS-Dipeptid der RYSR-Sequenz verantwortlich ist, postulieren wir eine physiologische Bedeutung dieser regulierten Prozessierung und somit eine mögliche Funktion von FGE außerhalb des ER. Durch Mutation der Spaltstelle, durch Etablierung eines neuen Expressionssystems in Insektenzellen sowie durch Etablierung eines neuen Aktivitätstests in Zellkulturüberständen konnten wir erstmals fl- FGE mit intakter NTD in größeren Mengen gewinnen und enzymologisch charakterisieren. Anders als DFGE zeigt fl-FGE volle katalytische Aktivität in Gegenwart des physiologischen Reduktionsmittels Glutathion, was das Disulfid-Shuffling Modell stützt. fl-FGE Kristallisationsversuche scheiterten an der Flexibilität der NTD. Durch strukturelle und funktionelle Analysen von MSD-verursachenden FGE-Varianten konnte für alle analysierten Mutanten eine Genotyp/ Phänotyp-Korrelation auf der Basis von Restaktivität und Stabilität der Varianten aufgezeigt werden. Zusätzlich wurde die Proteindisulfid-Isomerase (PDI) als disease modifier identifiziert. So konnte PDI in einem kovalenten Komplex mit instabilen MSD-verursachenden FGE-Varianten isoliert werden. Diese Varianten weisen für sich eine hohe in vitro Restaktivität auf, werden durch PDI aber der Degradation zugeführt, was zu einer Verringerung der Restaktivität in vivo um bis zu 90% führt. Wird PDI in Patientenzellen durch knockdown reduziert oder durch Bacitracin inhibiert, steigt die Aktivität des endogenen FGEs infolge erhöhter Lebensdauer deutlich an. Therapeutisch sinnvoll erscheint daher ein FGE-stabilisierender Ansatz über pharmakologische Chaperone. Die Interaktion mit den FGE-Varianten rücken diese als physiologisch relevante PDI- Substrate in den Fokus der Forschung zur PDI-vermittelten Qualitätskontrolle. Strukturelle (MS- basierte) Analysen eines gereinigten FGE-S155P/PDI-Komplexes zeigten eine intermolekulare Verbrückung zwischen Cys-341 des FGE und Cys-397 der a‘ -Domäne der PDI. Zusätzlich involviert sind die PDI-Reste F275 und I289 innerhalb der b‘-Domäne, für die eine Interaktion mit hydrophoben Bereichen gebundener PDI-Substrate bekannt ist. Die Ausbildung der intermolekularen Brücke zur PDI resultiert aus einer nicht-nativen Disulfidbrücke innerhalb der FGE-Variante, so dass Cys-341 exponiert wird. Die der Interaktion mit PDI zugrunde liegende molekulare Signatur konnte durch Bindung synthetischer Peptide verifiziert werden. Im Falle von FGE führt diese Interaktion zur Blockade des aktiven Zentrums und zu dessen beschleunigter Degradation. Diese Befunde unterstreichen die Rolle der PDI als disease modifier bei MSD, was auch für andere ER-assoziierte Proteinfaltung-Pathologien relevant sein dürfte.
Publications
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Dierks, Thomas; Ennemann, Eva Charlotte; Radhakrishnan, Karthikeyan; Alam, Safaraz; Schmidt, Bernhard; Wachs, Michaela