Kinetik der Stapelfehler in dünnen Schichten: Bildung, Ausheilung und Vermeidung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen des Projektes wurde Strategien zur Unterdrückung der Bildung von Stapelfehlern durch Zufuhr zusätzlicher Energie während des Wachstums dünner Schichten entwickelt. Als Referenzsystem wurde das homepitaktische Wachstum von Ir auf Ir(111) bei 350 K gewählt, dass ohne besondere Maßnahmen zu extrem stark verzwillingten und defektreichen Schichten führt. Durch zusätzlichen Edelgasionenbeschuss (streifend mit einer hohen Energie von 500 eV oder senkrecht mit einer niedrigen Energie von 100 eV) konnte die Zwillingsund Defektbildung in den Schichten fast vollständig verhindert werden, allerdings war der senkrechte Beschuss von Gasimplantation begleitet. Die zusätzliche Energie beim Wachstum führt zu einer zusätzlichen Mobilität kleiner Cluster, wodurch fehlgestapeltes Inselwachstum unterdrückt wird. Auf Basis der vorhandenen Daten kann die sichere Voraussage getroffen werden, dass bei energetischer Deposition mit etwa 50 eV perfekte Filme abgeschieden werden können. Damit steht eine allgemein einsetzbare Methode zur Unterdrückung von Stapelfehlerbildung zur Verfügung. Mittels oberflächenempfindlicher Röntgenbeugung wurde das homepitaktische Wachstum und insbesondere die Defektentwicklung beim Wachstum von Ir auf Ir(111) detailliert untersucht. Diese Untersuchungen haben methodisch Neuland beschritten, denn bislang war es noch nie versucht worden, die komplexe Defektentwicklung bei Bildung von Stapelfehlern in dicken Schichten jenseits einiger atomarer Lagen dynamisch zu untersuchen. Damit ergibt sich ein zu Oberflächenmethoden komplementäres Bild des Schichtwachstums, das auch die Veränderungen in der wachsenden Schicht quantitativ erfasst. Ein zentrales Resultat dieser Untersuchungen ist die Erkenntnis, dass die an der Oberfläche der Schicht nach Ausheilung sichtbaren Stufen mit Höhen eines Bruchteils der atomaren Höhe auf unter der Oberfläche befindliche symmetrische ∑3 <1-10> Kippgrenzen mit Kontaktflächen {112}/{112} senkrecht zur Schichtoberfläche zurückzuführen sind. Diese und weitere detaillierte Ergebnisse konnten nur durch Kombination der oberflächenempfindlichen Röntgenbeugungsexperimente, komplexe Beugungssimulationen und vergleichende Rastertunnelmikroskopiemessungen erzielt werden. Diese neue Methodik wird sich befruchtend auf zukünftige Untersuchungen zur strukturellen Entwicklung dünner Schichten auswirken.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Ion assistance in epitaxial growth as a strategy to suppress twinning. Thin Solid Films 518 (2010) 1914-1919
S. Bleikamp and T. Michely
- Twins and their boundaries during homoepitaxy on Ir(111). Phys. Rev. B 83 (2011) 064103/1-10
S. Bleikamp, J. Coraux, O. Robach, G. Renaud, and T. Michely