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Herz-Kreislauf-Krankheiten und Diabetes bei Aussiedlern: Kohortenstudie zur Identifizierung von Risikofaktoren und Erklärung spezieller Mortalitätsmuster

Fachliche Zuordnung Public Health, Gesundheitsbezogene Versorgungsforschung, Sozial- und Arbeitsmedizin
Förderung Förderung von 2009 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 151533336
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Eines der Hauptergebnisse der Studie war, dass die allgemeine Mortalitätsrate der weiblichen Migranten und bei den Männern die Mortalitätsrate der kardiovaskulären Erkrankungen gegenüber der allgemeinen deutschen Bevölkerung erniedrigt waren. Damit sind die überraschenden Ergebnisse früherer Studien verifiziert worden. Allerdings konnte auch gezeigt werden, dass dieser Effekt vom Zuwanderungsjahr und Kalenderjahr abhängig war und sich über die Zeit abgeschwächt bzw. teilweise umkehrt hat. Dazu passt auch, dass die Herzinfarkt-Inzidenzrate besonders bei jungen Männern und in der zweiten Einreiseperiode (1995-2000) mit ethnisch gemischten Familien signifikant höher liegt. Des Weiteren konnte auch gezeigt werden, dass gerade Männer, die im jugendlichen Alter eingewandert sind, eine deutlich erhöhte Suizidrate aufweisen. Dies spricht alles dafür, dass die Integration gerade später eingewanderter und jüngerer Aussiedler oft nicht gelungen ist. Hier sollten zukünftig vermehrt gesellschaftlich Anstrengungen unternommen werden, den Integrationsprozess vor allem dieser Subgruppen zu verbessern. Bei der Analyse der postalischen Befragung zeigte sich, dass kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Alter, Bluthochdruck, vorhandener Diabetes, sowie Schmerzen, eingeschränkte Mobilität, Erschöpfungszustände, Schwierigkeiten mit der Familie und eine Einreise nach 1995 einen signifikanten negativen Einfluss auf den selbst eingeschätzten Gesundheitszustand hatten. Auch gaben 50% der Personen mit schlechtem Gesundheitszustand an, dass ihr Gesundheitszustand vor der Einreise besser war. Insgesamt war die Prävalenz u.a. von Übergewicht, Adipositas, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen in der befragten Gruppe relativ hoch. Daher sollte eine zukünftige Aufgabe in der Public Health Forschung sein, spezielle Präventionsstrategien für diese Bevölkerungsgruppe zu entwickeln. Darüber hinaus sollte untersucht werden, inwieweit bestehende Präventionsprogramme von den Aussiedlern wahrgenommen werden. Diese Studie war geprägt durch eine Reihe unvorhergesehener Schwierigkeiten: Anfänglich bereitete die Identifizierung der Aussiedlergruppe über die Einwohnermeldeämter Probleme und datenschutzrechtlichen Bedenken, die ausgeräumt werden mussten. Weitere Schwierigkeiten zeigten sich bei der Rekrutierung der Studienteilnehmer. Trotz umfangreicher und aufwendiger Rekrutierungsstrategien u.a. mit der Einbindung von angesehenen Repräsentanten der Aussiedler-Gemeinschaft, Aufrufe zur Teilnahme über das Internet, Einsatz von zweisprachigem Rekrutierungspersonal, Veröffentlichung mehrerer Artikel in der Presse, Aushänge in Geschäften und ausgesuchten Treffpunkten, lag die Response weit unter den Erwartungen. In weiteren Studien sollte daher erforscht werden, welche Rekrutierungsstrategien bei dieser für Studien schlecht zugänglichen Bevölkerungsgruppe zu einer höheren Response führen. Insgesamt konnte durch persönliche Gespräche der Eindruck gewonnen werden, dass die Gemeinschaft der Aussiedler hinsichtlich der Preisgabe persönlicher Daten extrem zurückhaltend und misstrauisch ist. Die Studie wurde von Beginn an durch lokale Medien in Augsburg begleitet. Ein überregionales Web-Portal berichtete ausführlich, in zwei sozialen Netzwerken (Odnoklassniki, Facebook) wurde die Studie von mehreren Teilnehmern diskutiert.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Time trends in cardiovascular disease mortality in Russia and Germany from 1980 to 2007 - are there migration effects? BMC Public Health, 2010; 10:488
    Deckert A, Winkler V, Paltiel A, Razum O, Becher H
  • Myocardial infarction incidence and ischemic heart disease mortality: overall and trend results in repatriates, Germany. Eur J Public Health. 2014; 24(1):127-33
    Deckert A, Heier M, Meisinger C, Winkler V, Becher H
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/eurpub/ckt058)
  • Myocardial infarction incidence, cardiovascular disease, and external cause mortality pattern among German repatriates: the impact of factual circumstances. 2014; PhD thesis, University of Heidelberg
    Deckert A
  • Suicide, substance abuse, and external cause mortality pattern among German repatriates in Augsburg region: reflections of migration related trouble? J Psychiatr Res 63:36-42, 2015
    Deckert A, Heier M, Meisinger C, Winkler V, Becher H
 
 

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