Selektive Reizverarbeitung in thalamo-kortikalen Netzwerken
Final Report Abstract
Projekt-bezogene Studien wurden überwiegend im Kontext der tiefen Hirnstimulation (THS) durchgeführt und folgten zwei in Bezug auf kortiko-basale Systemphysiologie interessanten Ansätzen: 1) ‚STIM-ON/-OFF‘ Untersuchungen, um Abhängigkeiten behavioraler und / oder neurophysiologischer Merkmale vom momentanen Zustand des Zielareals der THS zu erfassen; 2) Elektroenzephalographie (EEG) von den Elektrodenimplantaten in basalganglionären vs. thalamischen THS-Zielkernen, um lokale subkortikale Aktivitäten einzelnen Verhaltensleistungen zuordnen zu können (im Vergleich zu simultan abgeleiteten, kortikal generierten Skalp-EEG-Signalen). Beide Ansätze dienten dem übergeordneten Ziel, die funktionelle Einbindung thalamischer und basalganglionärer Strukturen in kognitive (meist kortikal definierte) Netzwerke zu charakterisieren. In einer Reihe von Untersuchungen an mit THS des Nucleus ventralis intermedius des Thalamus (VIM) oder des basalganlionären Nucleus subthalamicus (STN) behandelten Patienten wurde gezeigt, dass Areale des (vorwiegend anterioren) Thalamus in lexikalische wie auch komplexere Prozesse sprachlicher Informationsverarbeitung eingebunden sind. Die Ergebnisse neurophysiologischer VIM-/STN-Ableitungen und begleitender Skalp-Elektoenzephalographie wiesen darauf hin, dass diese Einbettung zur ad-hoc Rekrutierung Aufgaben-bezogen relevanter, kortikaler Areale erfolgt und thalamische Kernareale in dieser Funktion selbst Teil des rekrutierten Netzwerks werden. In auf diese Weise kontextuell definierten neuronalen Konfigurationen kann sensorische (in diesem Fall lexikalische) Information als Steuersignal der spezifischen thalamo-kortikalen Aktivierung verstanden werden und thalamische Kerne als Integrationsebene externer (Bottom-up) und kortikaler (Top-Down) Information. Die komplementären STN-bezogenen Ergebnisse sprachen im Gegensatz dazu für eine ‚prozedural-exekutive‘ Rolle des Nucleus subthalamicus im Rahmen kognitiver (Reiz- )Verarbeitung, v. a. in Bezug auf die Sequenzierung der zu einem Verhalten gehörenden Teilschritte. Veränderungen dieser auf die Prozessstruktur bezogenen Funktion betrafen Transitionsprozesse zwischen den Subkomponenten einer Gesamtleistung und wurden – in kognitiven ähnlich wie motorischen Zusammenhängen – auf der Ebene der Geschwindigkeit von Prozessübergängen deutlich. Auf klinischer Ebene ist anzumerken, dass VIM-THS die genannten kognitiven Funktionen negativ beeinflusst. Hintergrund dessen ist wahrscheinlich die Interferenz von THS-Volumenstrom mit den physiologischen Funktionen VIM-naher, thalamischer Areale (die mit der Pathophysiologie der behandelten Erkrankung [essentieller Tremor] in keinem Zusammenhang stehen). Demgegenüber entfaltet STN-THS unter der Vorstellung, dass pathophysiologische Veränderungen der STN-Funktion zu parallelen motorischen und mentalen Symptomen der Parkinsonerkrankung beitragen, eher positive (beschleunigende / ‚prokinetische‘ oder ‚antistatische‘) Wirkungen auf die hier untersuchten kognitiven Exekutivfunktionen.