Molekulare Erkennung von Kohlenhydraten durch künstliche Rezeptoren
Final Report Abstract
Aufbauend auf unseren früher gewonnenen Erkenntnissen erfolgte im Rahmen dieses Projektes die erfolgreiche Entwicklung neuer effektiver und selektiver Kohlenhydratrezeptoren (Lektinmimetika). Diese fungieren als Modellsysteme, die einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis der grundlegenden Prinzipien der molekularen Erkennung von Kohlenhydraten leisten. In diesem Zusammenhang konnte bei einigen unserer bis jetzt untersuchten Kohlenhydratrezeptoren sehr interessante antiinfektive Eigenschaften nachgewiesen werden, sodass diese Verbindungen auch eine Basis für die Entwicklung von Therapeutika darstellen. Die Studien konzentrierten sich auf acyclische und macrocyclische Systeme, die Kohlenhydrate über neutrale/ladungsverstärkte Wasserstoffbrückenbindungen, Ion-Ion- (im Falle der geladenen Kohlenhydrate) und CH-π-Wechselwirkungen sowie Van-der-Waals-Kräfte erkennen und binden. Es wurden Rezeptorverbindungen mit Erkennungseinheiten dargestellt, die entweder in der Natur zur molekularen Erkennung von Kohlenhydraten gleichfalls verwendet werden oder auch entsprechende chemische Analoga dieser natürlichen Erkennungsgruppen beinhalten. Die gestellten Ziele wurden erreicht und die durchgeführten Studien sind in den Punkten (a) – (k) kurz zusammengefasst. (a) Synthese von Rezeptoren mit Pyridinium-, Chinolinium- und Imidazolium-Funktionalitäten für die Studien zur molekularen Erkennung von Kohlenhydraten in wässrigen Medien, (b) Analyse der Lösungsmitteleffekte bei der Komplexierung von Kohlenhydraten durch synthetische Rezeptoren, (c) Synthese von Rezeptorverbindungen bestehend aus der Kombination eines makrocyclischem Grundgerüsts mit flexiblen Erkennungsgruppen für die Studien zur Bedeutung der Kohlenhydrat-Aromat-Wechselwirkungen in der molekularen Erkennung von Kohlenhydraten, (d) Analyse des Einflusses der CH-π-Wechselwirkungen auf die Kohlenhydraterkennung unter Verwendung von acyclischen purinhaltigen Modellverbindungen, (e) Studien zur Bedeutung von Van-der-Waals-Wechselwirkungen in der Kohlenhydraterkennung mittels acyclischer Systeme, die Cycloalkyleinheiten verschiedener Größe als Bausteine enthalten, (f) Analyse des Einflusses von intramolekularen Wasserstoffbrücken auf die Bindungseffektivität ausgewählter Rezeptormoleküle gegenüber Kohlenhydraten, (g) systematische Suche nach neuen Erkennungsstrukturen für Mono- und Oligosaccharide, Analyse des Potentials neuer Erkennungsgruppen für die molekulare Erkennung von Kohlenhydraten (Studien zur Komplexierung von Mono- und Oligosacchariden in homogenen Medien und in Zweiphasensystemen), (h) Synthese von chiralen Rezeptoren und Untersuchung ihrer Bindungseigenschaften, (i) Absicherung der Strukturmodelle durch NMR-Spektroskopie (Analyse der räumlichen Beziehung zwischen Komponenten in Komplexen durch NOEs, genaue strukturelle Interpretation von CIS-Werten), (j) Studien der nichtkovalenten Wechselwirkungen in Rezeptor-Kohlenhydrat-Komplexen durch Röntgenstrukturanalysen und (k) Molecular Modelling Studien. Für das Forschungsvorhaben wurden die Komplexierungsstudien sowohl in wässrigen als auch in organischen Medien durchgeführt und die Bindungseigenschaften der Rezeptoren gegenüber neutralen und ionischen Kohlenhydraten getestet. Im Fall der in Wasser nicht löslichen Rezeptorverbindungen wurde deren Fähigkeit, Kohlenhydrate aus der wässrigen in die organische Phase zu transportieren, durch die Untersuchungen in wässrig-organischen Zweiphasen-Systemen bestimmt. Die durchgeführten Studien haben gezeigt, dass sich zahlreiche Rezeptoren in hervorragender Weise zur Komplexierung von Monosacchariden eignen. Für Studien in wässrigen Medien konnte eindeutig gezeigt werden, dass erst die Kombination von neutralen und ladungsverstärkten Wechselwirkungen sowie auch von CH-π-Wechselwirkungen und Van-der-Waals-Kräften für die notwendige Triebkraft bei der Erkennung von Zuckermolekülen in Wasser sorgt (vergleichbar zu den Lektinen). Hervorzuheben ist, dass die effektive Bindung von Kohlenhydraten in Wasser eine große Herausforderung darstellt, die nur dann realisiert werden kann, wenn es unter Einbeziehung einer breiten Vielfalt nichtkovalenter Wechselwirkungen gelingt, eine möglichst perfekte Umgebung für das Substrat zu entwerfen. Besonders erwähnenswert sind die interessanten Bindungspräferenzen der Rezeptoren. Sie konnten auf der Basis unserer bisherigen Erfahrungen oft vorhergesagt werden, woraus sich ggfs. zukünftig ein einfaches, grobes Modell für die molekulare Erkennung von Kohlenhydraten ableiten lassen könnte. Dabei weisen viele entwickelte Rezeptoren hohe Anomeren- und/oder Epimerenselektivität oder eine interessante Oligo- vs Monosaccharid Bindungspräferenz auf. Trotz der Erfolge ist es wichtig zu betonen, dass die exakte Vorhersage der Rezeptorselektivität nach wie vor sehr problematisch ist. Die detaillierte Analyse der bisher beobachteten Bindungsaffinitäten und -selektivitäten soll jetzt in eine noch gezieltere Planung der Rezeptoren einfließen und dadurch zur Entwicklung von Systemen mit exakt vorhersagbaren Bindungseigenschaften führen. Hierzu können sowohl die Befunde aus den Bindungsstudien in verschiedenen Lösungsmitteln als auch diejenigen aus den durchgeführten Röntgenstrukturanalysen der Rezeptor-Kohlenhydrat-Komplexe noch stärker in die Planung der Rezeptorstrukturen herangezogen werden. Die umfangreichen Studien zur Struktur-Bindungsaktivität-Beziehungen liefern eine große Anzahl an Erkenntnissen, die eine wichtige Basis für zukünftige Studien darstellen. Die bisher erzielten Ergebnisse lassen hoffen, dass eine Kombination aus Wirksamkeit und geplanter bzw. vorhersagbarer Selektivität in Zukunft realisierbar sein wird.
Publications
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