Zur Tubenfunktionsprüfung, die insbesondere für die Planung operativer Eingriffe im Bereich des Mittelohres wichtig ist, sind zur Zeit die Impedanzaudiometrie und einige manometrische Verfahren verbreitet. Diesen ist jedoch gemein, dass sie nur eine indirekte Aussage über die Tubenfunktion zulassen. Die Idee der Sonotubometrie, die ein vielversprechendes akustisches Verfahren zur nicht-invasiven Evaluation der Tubenfunktion darstellt, bildet die Grundlage für die Arbeiten in diesem Projekt. Dabei werden die dynamischen akustischen Eigenschaften der Übertragungsstrecke Nase-Ohr während Manövern zur Stimulation einer Tubenöffnung untersucht. Ziel dieses Projektes war es, ein neuartiges Diagnosesystem zu entwickeln, welches eine direkte Beobachtung von Öffnungsvorgängen der Eustachischen Röhre unter physiologischen Bedingungen ermöglicht. Es wurde durchgeführt in einer Kooperation zwischen dem Institut für Nachrichtengeräte und Datenverarbeitung (IND, RWTH Aachen, Prof. Dr.-Ing. Peter Vary), dem Institut für Technische Akustik (ITA, Prof. Dr. rer. nat. Michael Vorländer) und der HNO Klinik des Universitätsklinikums Aachen (Dr. Ercole Di Martino, jetzt HNO Klinik der DIAKO Bremen). Zunächst wurde am IND mit der Unterstützung des ITA ein PC-basiertes Messsystem mit umfangreichen Funktionen für die Durchführung und Auswertung von Messungen sowie die Verwaltung von Patientendaten und Zusatzinformationen entwickelt. Dieses Messsystem bildete die Grundlage für die unter Leitung von Dr. Di Martino durchgeführte Datensammlung bestehend aus Patientenmessungen und zugehörigen Zusatzinformationen. Parallel zu diesen Arbeiten wurde mit Techniken der digitalen Signalverarbeitung erstmals ein System zur virtuellen Abbildung der Eustachischen Röhre entwickelt und optimiert. Die Modellierung erfolgte dabei, nach Anpassung an die Bedingungen der Übertragungsstrecke Nase-Ohr, durch das aus der Sprachverarbeitung bekannte Röhrenmodell nach Kelly und Lochbaum. Durch die Animation des virtuellen Abbilds über der Zeit lässt sich damit der dynamische Öffnungs- und Schließvorgang der Tube visualisieren. Als Basis für die Optimierung des Systems diente die Auswertung der stetig wachsenden Datenbasis. Darüber hinaus wurden, um die Frage nach der Korrelation zwischen der virtuellen Abbildung und der tatsächlichen Anatomie der Tube zu klaren, als Referenz zwei Hardwaremodelle entwickelt. Zum einen ein Modell aus PVC (IND), welches den idealen Modellannahmen sehr nahe kommt, zum anderen ein Modell aus Silikon, welches die Anatomie und die akustischen Eigenschaften der Übertragungsstrecke Nase-Ohr nachbildet (ITA). An diesen Modellen konnte gezeigt werden, dass bei geeigneter Entzerrung aus Impulsantworten einer Übertragungsstrecke, die den idealen Annahmen weitgehend entspricht, der vorgegebene Querschnittsverlauf durch das virtuelle Modell annähernd abgebildet werden kann. Für eine weitergehende Optimierung und Verifikation des Röhrenmodells war das Teilprojekt zur Finite-Elemente-Simulation der Übertragungsstrecke durch das ITA vorgesehen. Leider wurde dieser Bestandteil des Projektantrages seinerzeit von der DFG nicht bewilligt. Dennoch konnte das Diagnosesystem entscheidend verbessert werden, indem neben dem neuartigen virtuellen Tubenmodell neue diagnose- und therapierelevante Merkmale extrahiert und untersucht wurden. Die von Störgeräuschen befreite Kurve der von Nase zu Ohr transmittierten Energie erwies sich dabei für die Detektion der Tubenaktivität am geeignetsten. Durch die enge Kooperation mit der HNO Klinik konnten die Merkmale irn Hinblick auf die klinische Relevanz optimiert werden. Alle erzielten Verbesserungen wurden in das Mess- und Diagnosesystem für die Datenbasis integriert. Im Rahmen dieses Projektes ist somit ein neuartiges Diagnosesystem entstanden, welches die direkte Beobachtung von Öffnungsvorgängen der Eustachischen Röhre unter physiologischen Bedingungen erlaubt. Der neue Ansatz zur virtuellen Tubenendoskopie ermöglicht eine nichtinvasive angenäherte Abbildung der dynamischen Vorgänge der Eustachischen Röhre. Die bisherigen Ergebnisse aus Probandenmessungen deuten darauf hin, dass mit dem entwickelten System zuverlässige Aussagen über die Tubenaktivität möglich sind. In den kommenden Monaten wird das Team urn Dr. Di Martino die Datenbasis von Patientenmessungen weiter ausbauen und auswerten und in einem getrennten Bericht die Ergebnisse und Erfahrungen beim klinischen Einsatz dokumentieren. Im Rahmen des Projektes sind bislang 9 Publikationen entstanden. Weitere sind in Vorbereitung.